EU macht Zugeständnisse an deutsche Politik EU lockert den Umgang mit Grenzwerten

Brüssel · Brüssel ermöglicht der Koalition in Berlin, großzügiger mit der Überschreitung von Stickoxid-Werten umzugehen.

 Die jüngste Entscheidung der EU-Kommission bringt eine Erleichterung für manche Dieselfahrer.

Die jüngste Entscheidung der EU-Kommission bringt eine Erleichterung für manche Dieselfahrer.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Nach grünem Licht aus Brüssel für eine entsprechende Gesetzesänderung ist die Gefahr neuer Fahrverbote in vielen deutschen Städten gebannt. Die EU-Kommission hat gestern beschlossen, dass sie keine Einwände gegen die Pläne der Koalition hat, großzügiger bei der Überschreitung des Grenzwertes für Stickoxid vorzugehen.

Union und SPD sind sich grundsätzlich darüber einig, dass erst ab einer Belastung der Luft im Jahresmittel von 50 Mikrogramm Stickoxid Fahrverbote verhältnismäßig sein sollen. Die Luftreinhaltungsrichtlinie der Europäischen Union sieht einen Grenzwert von 40 Mikrogramm im Jahresmittel vor. Die Koalition will das entsprechende Gesetz bereits in den nächsten Wochen in Bundestag und Bundesrat beschließen lassen.

Damit ist gleichzeitig auch klar, dass die Chancen von Umweltverbänden sinken werden, bei geringfügiger Überschreitung der Grenzwerte gerichtlich Fahrverbote zu erwirken. Für die bereits bestehenden Fahrverbote hat die geplante Gesetzesänderung allerdings keine Auswirkung.

Doch auch die Liste der Städte, in denen Fahrverbote drohen, wird damit deutlich kleiner: Das Umweltbundesamt hatte in der vergangenen Woche eine vorläufige Bilanz der Grenzwert-Überschreitung in 2018 herausgegeben. Demnach war die Stickoxid-Konzentration in 36 Städten im Jahresmittel so hoch, dass dort Fahrverbote drohen. Für 26 dieser Städte, die im vergangenen Jahr  Werte in einer Größenordnung zwischen 40 und 50 Mikrogramm hatten, gibt es nun unmittelbar Hoffnung. Dazu zählen Hannover, Mainz, Berlin, Frankfurt, Essen, Aachen, Osnabrück, Augsburg, Leverkusen und Leipzig.

Im Südwesten könnte die Entscheidung aus Brüssel dazu beitragen, dass Fahrverbote in Freiburg, Tübingen, Leonberg und Mannheim verhindert werden. Diese Städte hatten 2018 einen Jahresmittelwert zwischen 40 und 50 Mikrogramm in den Messungen erreicht. In drei weiteren Städten sieht der baden-württembergische Europaabgeordnete Norbert Lins (CDU), der in Brüssel gegen unverhältnismäßige Fahrverbote kämpft, die Gefahren auch gebannt: Reutlingen lag 2018 bei 53 Mikrogramm, Heilbronn bei 52, Ludwigsburg bei 51. Lins: „Diese Städte werden mit den bereits eingeführten Maßnahmen die vorgeschriebenen Luftgrenzwerte im nächsten Jahr erreichen.“

Die EU-Kommission stellt unterdessen klar, dass sie mit der Entscheidung nicht grünes Licht für die einseitige Erhöhung der Grenzwerte in Deutschland gibt. Eine Sprecherin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stellte gestern grundsätzlich klar: „Das ist falsch. Der Grenzwert ist EU-weit verbindlich. Daran wird nicht gerüttelt.“

Wie die einzelnen Länder diesen Grenzwert erreichen, sei allerdings auch die alleinige Entscheidung eines jeden Landes. Das Erlassen von Fahrverboten etwa läge nur in der Entscheidungskompetenz der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Kommission habe lediglich keine Einwände dagegen geltend gemacht, dass Deutschland das Immissionsschutzgesetz dahingehend ändert, dass künftig erst ab gemessenen Jahresmittelwerten von 50 Mikrogramm Stickoxid Fahrverbote als eine Maßnahme verhältnismäßig sind.

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