VW schwimmt sich wieder frei

Wolfsburg · Der angeschlagene Konzern zeigt mit seinen Jahreszahlen Zeichen der Besserung.

 VW-Chef Matthias Müller sieht 2016 nicht als „vermeintliches Schreckensjahr“. Foto: Jensen/dpa

VW-Chef Matthias Müller sieht 2016 nicht als „vermeintliches Schreckensjahr“. Foto: Jensen/dpa

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(dpa) Diesel-Milliarden in den USA, Ermittlungen des FBI, Entschädigungsforderungen auch in Europa - VW-Konzernchef Matthias Müller bleibt trotzdem bei einer optimistischen Haltung: "2016 war nicht das vermeintliche Schreckensjahr, das uns zunächst prognostiziert worden war", sagt der 63-Jährige beim Rückblick auf das vergangene Jahr.

Schließlich zeichnet sich in der schwersten Krise in der Geschichte des Autokonzerns etwas Besserung ab. Die gestern vorgelegten Zahlen zeigen: Der durch Dieselaffäre und Streitereien um seinen Sparkurs angeschlagene Konzern schwimmt sich ein wenig frei. Die Krise "hat uns alles abverlangt", sagt Müller - vom "brutalen Wettbewerb" in China oder Europa ganz zu schweigen. Gleichzeitig soll ein "Zukunftspakt" die VW-Kernmarke flott machen und riesige Investitionen in E-Mobilität, digitale Angebote und neue Dienste anschieben.

Die Marke VW stellt sich von allen Konzernmarken am schwächsten dar. Nach 2,1 Milliarden Euro Betriebsgewinn vor Sondereinflüssen 2015 kamen bei Golf, Passat und Co. 2016 noch 1,9 Milliarden Euro zusammen. Dass trotzdem in der Gruppe noch 5,1 Milliarden Euro unterm Strich stehen - nach Abzug der Ausgaben für Rückstellungen zur "Dieselthematik" - ist vor allem den Schwestermarken Porsche, Audi und Skoda zu verdanken.

Spannungen im Rahmen des umstrittenen Zukunftspaktes kommentierte VW-Markenchef Herbert Diess salomonisch. Der Anlauf des Sparkurses mit bis zu 30 000 wegfallenden Jobs in den nächsten Jahren sei "an der einen oder anderen Stelle etwas holprig" gewesen. "Natürlich ist es ein sehr, sehr anspruchsvoller Pakt."

Die dadurch freiwerdenden Mittel sollen unter anderem in die Elektromobilität fließen. Branchenbeobachter sehen VW da durchaus auf einem guten Weg. In Sachen E-Mobilität sei man wohl weiter als Daimler und Toyota, jedoch sei die Batteriefertigung in Deutschland auch teuer, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Ob die von Betriebsratschef Bernd Osterloh angekündigte Zellforschung in Salzgitter eines Tages wirklich zur Zellproduktion ausgebaut wird, muss sich erst noch zeigen. Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management glaubt: Die Produktivität zu steigern und gleichzeitig die weniger arbeitsintensiven E-Antriebe aszubauen, werde Beschäftigte ihre Stellen kosten. Damit sei der Burgfriede zwischen Vorstand und Betriebsrat gefährdet.

Zum Heranwachsen des neuen Rivalen PSA/Opel - künftig nach Absatz Europas Nummer zwei hinter der VW-Gruppe - gibt sich Müller betont locker: "Das ist für uns kein Thema (...) Wir haben unseren eigenen Weg - den werden wir unbeirrt weitergehen."

Bleibt noch der knifflige Punkt "Kulturwandel", bei dem die Wolfsburger eine nicht immer glückliche Figur abgaben. Zumindest bei den eigenen Gehältern treten die obersten Chefs nun tatsächlich auf die Bremse: Nach über 63 Millionen Euro 2015 lassen sie sich für das erste Nach-"Dieselgate"-Jahr 2016 mit 39,5 Millionen Euro um ein Drittel weniger entlohnen - eine Zehn-Millionen-Abfindung für das ausgeschiedene Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt inbegriffen. Deren bisheriges Aufgabenfeld: Integrität und Recht.

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