Ausbildung Von der Flucht in die Ausbildung

Saarbrücken · Kauthar Al Ghazzouly wird Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung bei den Stadtwerken in Saarbrücken.

 Kauthar Al Ghazzouly gemeinsam mit Ausbildungsleiter Christian Schorr: Saarländisch ist für sie noch eine Hürde.

Kauthar Al Ghazzouly gemeinsam mit Ausbildungsleiter Christian Schorr: Saarländisch ist für sie noch eine Hürde.

Foto: Joachim Wollschläger

Mit fremden Sprachen hat Kauthar Al Ghazzouly, das zeigt sich gleich, ein gutes Verhältnis. Gerade mal zwei Jahre lang hat sie Deutsch gelernt, doch die Syrerin, die im August 2015 nach Deutschland gekommen ist, spricht bereits flüssig und mit umfangreichem Wortschatz. „Nur mit Saarländisch habe ich Probleme“, räumt sie ein. Auch wenn Witze erzählt würden, verpasse sie häufig die Pointe.

Aktuell lernt sie gerade eine neue Sprache: C++. Das ist keine Kommunikation Außerirdischer, sondern eine Programmiersprache, die Al Ghazzouly im Rahmen ihrer Ausbildung zur Fach­informatikerin bei den Stadtwerken in Saarbrücken lernt.

Die 25 jährige Syrerin gehört zu den 69 Flüchtlingen, die nach Angaben der Regionaldirektion für Arbeit im August eine Ausbildung begonnen haben – eine erfreuliche Entwicklung, denn sie zeigt, dass die Investitionen in Integrations- und Sprachkurse lohnt. „Es ist wichtig, dass diese Menschen eine Chance auf unserem Arbeitsmarkt erhalten“, sagt Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Saarbrücken.

Al Ghazzouly allerdings gehört auch zu den Vorzeige-Beispielen der Integration. Sie ist nicht nur bereits hoch qualifiziert ins Land gekommen – in Damaskus hatte sie bereits drei Jahre Informatik an einer Fernuni studiert – sie hat sich in Deutschland auch gleich daran gemacht, die deutsche Sprache zu lernen. „Ich habe nicht erst auf den Sprachkurs gewartet, sondern habe schon zu Hause mit dem Lernen angefangen“, sagt sie. Hilfsmittel waren unter anderem Deutsch-Kurse bei Youtube.

Auch um eine Ausbildung hat sie sich recht zügig beworben: „Ich habe nicht erst gewartet, bis ich ausreichend Deutsch konnte, sonden habe mich schon früh beworben“, sagt sie. Gemeinsam mit einer Freundin hat sie zahlreiche Bewerbungen geschrieben, bei den Stadtwerken dann noch parallel zu ihrem Deutschkurs ein dreimonatiges Praktikum gemacht.

Christian Schorr, der zuständige Betreuer bei den Stadtwerken, ist begeistert von seiner neuen Auszubildenden. „Sie lernt sehr schnell und hat sich auch gleich integriert.“ Außerdem hat Al Ghazzouly den Vorteil, dass sie bereits IT-Wissen mitbringt. In Syrien hatte sie bereits im Bereich der Datenbankenverwaltung gearbeitet. Schorr war es auch, der seiner Auszubildenden riet, statt der Ausbildung Fachinformatikerin Systemintegration den Zweig Fachinformatikerin Anwendungsentwicklung zu wählen, bei dem sie noch mehr programmieren lernt. Das Talent in diese Richtung habe sich schnell gezeigt.

Seine Auszubildende wiederum ist froh, über die Ausbildung einen berufsnahen Einstieg in das Fach zu bekommen: „Die Kombination aus Lernen und Arbeiten finde ich sehr gut“, sagt sie. Ob sie danach noch einmal studieren möchte, lässt sie offen: „Ich konzentriere mich jetzt erst einmal auf die Ausbildung“, sagt sie. Möglicherweise bietet sich anschließend auch bei den Stadtwerken die Chance, ein berufsbegleitendes Studium anzuschließen. Dies sei gerade in Vorbereitung sagt Schorr. Aber auch da muss die Syrerin gegen Konkurrenz antreten. „Das wollen natürlich mehrere machen“, sagt Schorr.

Für Al Ghazzouly ist mit dem Arbeitstag bei den Stadtwerken das Tagespensum noch nicht geschafft. Weil ihre Deutschkurse ausgelaufen sind, nimmt sie nach der Arbeit weiter Nachhilfe, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Und auch ihre IT-Kenntnisse frischt sie weiter auf. Abends übt sie gemeinsam mit ihrem Mann Programmieren mit unterschiedlichen Sprachen. Auch er kommt aus dem IT-Bereich, arbeitet als Datenbank-Entwickler bei einer Firma in Merzig. Sie hatten sich schon in Syrien kennengelernt, er war ein Jahr vor ihr nach Deutschland gekommen. In Saarbrücken haben sie dann wieder zusammengefunden und geheiratet.

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