Hasan Alyoussef aus Syrien sucht seine Chance im Saarland Voll motiviert in eine neue Chance

Dillingen · Hasan Alyoussef aus Syrien erlernt in Dillingen den Beruf des Mechatronikers für Kältetechnik. Sein Chef ist hoch zufrieden mit ihm.

 Hasan Alyoussef, 29, arbeitet bei Frigotech in Dillingen. Sein erstes Lehrjahr hat er bald abgeschlossen.

Hasan Alyoussef, 29, arbeitet bei Frigotech in Dillingen. Sein erstes Lehrjahr hat er bald abgeschlossen.

Foto: Oliver Dietze

Der Arbeitstag von Hasan Alyoussef beginnt an diesem Morgen um halb acht. Gleich fährt er mit den Kollegen los. Was der Goldschmied aus dem syrischen Aleppo heute tun wird? „Eine Klimaanlage montieren“, sagt Alyoussef, 29 Jahre alt, zwei Kinder, seit 2015 in Deutschland. Er erlernt einen neuen Beruf. Bei der Firma Frigotech in Dillingen lässt Alyoussef sich zum Mechatroniker für Kältetechnik ausbilden. Bald endet sein erstes Lehrjahr. 346 Geflüchtete haben nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in den vergangenen zwei Jahren im Saarland eine Berufsausbildung begonnen. Alyoussef ist einer von ihnen. Nach fünf Monaten erhielt er 2015 eine Aufenthaltserlaubnis, durfte Geld verdienen. Aber wie? Als Goldschmied verfügte er über zehn Jahre Berufserfahrung. „Wir haben gearbeitet wie die Römer und Byzantiner vor 3000 Jahren, ohne Maschine, mit Kleinwerkzeug“, schwärmt er. Ohrringe, Ketten, Ringe, alles in Handarbeit. In seinem Beruf fand er nach der Flucht aber keine Anstellung. Dieser Erfahrungsschatz kommt ihm trotzdem zugute. Sein jetziger Chef sagt: „Er ist sehr, sehr sorgfältig.“

Bernhard Brücker ist bei Frigotech einer von zwei Geschäftsführern. Das Unternehmen stattet Supermärkte mit Kühlregalen aus, sorgt in Büros und Wohnungen für angenehme Temperaturen. Auch in der Industrie hat man Kunden. Frigotech beschäftigt 22 Mitarbeiter, darunter drei Azubis im Handwerk. Zwei sind Geflüchtete. „Das Berufsbild ist relativ unbekannt“, sagt Brücker. „Wir bilden Allrounder aus.“ Die Klimatechnik habe starken Zuwachs. Sie sei absolut zukunftssicher, so der Unternehmer. Dennoch: „Es ist sehr schwierig, zuverlässige und gute Azubis zu finden.“

Das deutsche Modell einer dualen Ausbildung war Hasan Alyoussef fremd. Einen Integrationskurs besuchte er nicht, für die Sprachprüfung büffelte der Familienvater zu Hause. „Ich wollte nicht in die Schule gehen, habe Arbeit gesucht“, sagt er. „Im Unterricht lernt man Grammatik, aber mir war der Kontakt zu den Menschen wichtig.“ Alyoussef half bei einem Maler aus. Sein bester Freund Mohamad fing bei Frigotech an, fragte: „Willst du mit mir eine Ausbildung machen?“ Ansonsten würde Alyoussef wohl bis heute nur jobben.

„Bei uns münden zu viele junge Geflüchtete in unsichere 450-Euro-Jobs“, sagt Sozialarbeiter Walter Schnell vom Jugendmigrationsdienst des Diakonischen Werks an der Saar. Seine Zielgruppe sind Geflüchtete zwischen 12 und 27 Jahren, zwischen Schule und Beruf. „Die Jugendlichen, die zu uns kommen, sind sehr orientierungslos, vor allem wenn es um Schule und Berufsausbildung geht.“. Er plädiert dafür, bei der Schulpflicht das Alter auf 21 Jahre anzuheben. „Man sollte den Weg zum Beruf nicht zu sehr verkürzen, den Menschen mehr Zeit lassen“, findet er. In Deutschland gibt es rund 400 anerkannte Ausbildungsberufe, vom Änderungsschneider bis zum Zweiradmechatroniker. Die Arbeitsagentur nennt ihr Internetportal zur Berufsorientierung „Planet Beruf“. Für Geflüchtete ist Deutschland an sich eine neue Welt.

Ohne die Sprache kommt im Berufsleben kaum jemand an. Frigotech-Chef Brücker lobt seine Azubis aus Aleppo: Beide verfügten über erstaunlich gute Deutschkenntnisse. Er ist überzeugt: „Ohne Sprachkenntnisse ist es unmöglich, ein vernünftiges Ausbildungsverhältnis zu gestalten.“ Das sahen in der Ausbildungsumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer über 90 Prozent der Betriebe so. Aber ist das allen Geflüchteten klar? Sozialarbeiter Schnell ist skeptisch.

Sein Kollege Jakub Özdemir betreut bei der Diakonie 42 Geflüchtete im Projekt „Ausbildung jetzt“. Allgemein beobachtet Özdemir bei der Ausbildung von Geflüchteten einen Wandel: „Am Anfang waren die Betriebe offen, aber sind sehr naiv an die Sache herangegangen“, sagt er. „Die Gespräche werden kühler.“ Weil manche Ausbilder mehr Motivation erwarten, auch Dankbarkeit.

In Dillingen ist das Klima alles andere als frostig. Bernhard Brücker nennt Alyoussef und seinen Freund Mohamad „sehr motivierte Azubis“. Beide wüssten, dass sie in Deutschland nur Fuß fassen könnten, wenn sie Gas geben. Ähnlich formuliert es Alyoussef: „Wir fangen bei null an, wenn man nicht Gas gibt, ist die Zeit vorbei.“ Seine Perspektive: „Ich bin 29 Jahre alt, mit drei Jahren Ausbildung bin ich 32, das geht noch, glaube ich.“ Dann verabschiedet sich der Azubi: „Jetzt muss ich arbeiten.“

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