Wirtschaftskriminalität Zwei Jahre Haft für Ex-Mitarbeiterin von V&B

Saarbrücken/Merzig · Gericht: Die Angeklagte hat insgesamt 411 000 Euro von Firmenkonten des Keramikkonzerns für sich abgezweigt.

Wegen Untreue in 28 Fällen hat das Landgericht Saarbrücken eine 51 Jahre alte Frau zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Die französische Staatsangehörige hatte als kaufmännische Angestellte des Merziger Fliesenherstellers Villeroy & Boch (V&B) zwischen 2011 und 2014 insgesamt rund 411 000 Euro von Firmenkonten abgezweigt. Das Geld landete auf Privatkonten in Frankeich.

Die Angeklagte hatte zum Prozessauftakt vor Gericht ein umfassendes Geständnis abgelegt. Dabei schilderte sie im Detail, wie sie über Jahre ihre besondere Vertrauensstellung als Gruppenleiterin in der Buchhaltung bei V&B zur Untreue im großen Stil ausnutzte. Diese Form der „Tatbegehung war offenbar relativ einfach möglich“, so das Fazit der Vorsitzenden Richterin in der mündlichen Urteilsbegründung: „Und wenn etwas leicht ist, dann wird es auch gemacht.“ Dies sei der altbekannte Satz: „Gelegenheit macht Diebe.“

Zwischen 2011 und 2014 betreute die Angeklagte als damalige Debitorenleiterin in erster Linie französische Kunden des Fliesenherstellers. Sie machte dies wegen ihrer Sprachkenntnisse weitgehend alleine. Als Verantwortliche durfte sie auch die Stammdaten der Kunden im Firmensystem bearbeiten und pflegen. Sie konnte dort auch Bankverbindungen neu anlegen. Das tat sie auch. Und so wurde das französische Privatkonto eines Bekannten ihrer Mutter zu einem vermeintlichen Firmenkonto bei diversen Kunden von Villeroy & Boch.

Diese Großkunden/Zwischenhändler erhielten abhängig vom erzielten Umsatz Bonus-Gutschriften vom Fliesenhersteller. Dazu gab es Listen, in denen die jeweiligen Bonus-Prozente bei bestimmten Umsätzen abzulesen waren. Die Boni konnten gutgeschrieben, auf Aufforderung überwiesen oder ausgezahlt werden. Die Angeklagte war für die Abwicklung dieser Bonuszahlungen der französischen Großkunden zuständig. Sie fingierte entsprechende Auszahlungswünsche und veranlasste die entsprechenden Bonuszahlungen gemäß Bonusliste.

Die von der 51-Jährigen vorbereiteten Unterlagen gingen in die Buchhaltung und an die für die entsprechenden Überweisungen zuständigen Mitarbeiter von V&B. Diese sahen keinen Grund zur Sorge und veranlassten die Überweisung gemäß Bonus-Liste auf ein im System gespeichertes Firmenkonto. Und schon landete das Geld nicht bei der französischen Firma sondern auf dem französischen Privatkonto im Umfeld der Angeklagten. Dabei ging es um Beträge in der Größenordnung zwischen 67 499,52 Euro und 2392,00 Euro. Diese wurden anschließend nach und nach in runden Beträgen abgehoben.

Diese für Privatleute ungewöhnlichen Bankgeschäfte fielen 2015 im Nachbarland auf. Daraufhin wurden dort die Spezialermittler für mögliche Geldwäsche im Umfeld der Familie der Angeklagten aktiv. Sie analysierten 23 Überweisungen des Merziger Unternehmens auf das französische Privatkonto und fünf verdächtige Einreichungen von Firmenschecks auf Konten der Familie.

Die französischen Ermittler informierten anschließend über ihre zwischenstaatlichen Kanäle das Bundeskriminalamt (BKA) über ihre Erkenntnisse. Das BKA gab den Fall an die Behörden im Saarland weiter. Mit der Liste der auffälligen Geldflüsse fuhren die hiesigen Polizeibeamten zu V&B nach Merzig. Das Unternehmen war völlig überrascht, so die Aussage einer Ermittlerin. Die 51-Jährige wurde danach fristlos entlassen. Sie hat bei V&B ein Schuld­anerkenntnis unterschrieben.

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