Assekuranz-Wirtschaft Versicherer fühlen sich von Regelungen stranguliert

Saarbrücken · Der Vertrieb von Versicherungen steht unter starkem Veränderungsdruck. Davon sind sowohl die Versicherungsvermittler und Makler als auch die Assekuranzunternehmen betroffen. Besonders die freien Vermittler mit kleinen Büros sehen sich angesichts der Ende Mai 2018 nach zweijähriger Übergangszeit „scharf gestellten“ EU-Datenschutz-Grundverordnung (kurz DSGVO) vor großen Herausforderungen auf dem Weg zur Einhaltung aller gesetzlichen Regelungen.

 Bernd Krüger, Vorsitzender des Vereins für Versicherungs-Wissenschaft und -Praxis im Saarland.

Bernd Krüger, Vorsitzender des Vereins für Versicherungs-Wissenschaft und -Praxis im Saarland.

Foto: Bernd Krüger/privat/Bernd Krüger

„Wir fühlen uns stranguliert, nicht reguliert“, sagte Bernd Krüger, Vorsitzender des Vereins für Versicherungswissenschaft und -Praxis im Saarland  beim elften „Tag der Saarländischen Versicherungswirtschaft“ in der IHK.

Weiteres Ungemach steht den Vermittlern mit der gesetzlichen Deckelung der Provisionen für abgeschlossene Lebensversicherungsverträge ab Herbst ins Haus. „Das bedeutet weniger Einnahmen, die kompensiert werden müssen. So mancher stellt sich da schon die Frage nach seiner wirtschaftlichen Zukunft“, so Krüger. Die saarländische Versicherungsbranche zählte Ende 2017 knapp 6400 Beschäftigte (Assekuranzfirmen, Makler und Vermittler).

Zentrales Thema des diesjährigen Branchentreffs war das Datenmanagement und die Datensicherheit. IHK-Hausherr und Hauptgeschäftsführer Heino Klingen griff das Tagungsmotto auf und verwies zum Thema Cybersecurity auf das in Saarbrücken entstehende Helmholtz-Zentrum für Datensicherheit: „Da entstehen neue Impulse für einen erneuten Strukturwandel im Saarland.“

Den Assekuranzunternehmen selbst macht die rückläufige Zahl von Vertriebsstützpunkten im Saarland Sorge. In den vergangenen fünf Jahren hat die Zahl der Versicherungsvermittler im Saarland um rund 20 Prozent abgenommen, die Zahl der Agenturen sank in diesem Zeitraum um rund 15 Prozent und die der Auszubildenden um zehn Prozent, sagte Dirk Hermann, Vorstandsvorsitzender der Saarland-Versicherungen. Er beklagt ein erhebliches Nachwuchsproblem, denn eine Tätigkeit in der Versicherungsbranche sei für viele mittlerweile angesichts Vollbeschäftigung nicht mehr erste Wahl. Dazu trage sicher auch das „kritische Image“ der Branche in der Öffentlichkeit bei. Auch die Saarland-Versicherungen mussten ihren gesamten Datenbestand seit Anlaufen der DSGVO überprüfen und den Regelungen anpassen. „Das hat uns einen siebenstelligen Euro-Betrag gekostet“, so Hermann.

Das ganz große Thema für die Branche heißt aber: Digitale Vernetzung zwischen der Versicherung und ihren Vertriebsstützpunkten. Noch sind Abläufe von der Schadensmeldung bis zur Abwicklung viel zu aufwändig, es wird noch zu viel Papier bewegt. Das soll und werde sich ändern, sagt Bernd Jakobs, Vorstandssprecher des Primstaler IWM Software AG, einem Hersteller von Versicherungs-Vertriebssoftware, voraus: In einigen Jahren seien alle Prozesse zwischen Vermittlern und ihren Unternehmen voll digitalisiert. Wer da nicht mitziehen könne, werde vom Markt verschwinden. Einige Assekuranz-Firmen hätten den Papierversand an ihre Vertriebler bereits komplett eingestellt, sagte Jakobs.

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