Verhaltener Optimismus Im Zollstreit deutet sich Entspannung an

Brüssel · Die Entscheidung über mögliche US-Strafzölle auf europäische Autos wird wohl zumindest vertagt. Die EU zeigt sich verhalten optimistisch.

 Die EU exportiert jährlich Autos und Autoteile im Wert von mehreren Milliarden Euro in die USA.

Die EU exportiert jährlich Autos und Autoteile im Wert von mehreren Milliarden Euro in die USA.

Foto: dpa/Ingo Wagner

Der große Knall zwischen den Vereinigten Staaten und Europa blieb am Mittwoch zunächst aus. Allerdings habe man, wie ein hochrangiges Mitglied der Brüsseler EU-Kommission am Nachmittag sagte, „schon ab und zu bang auf die Twitter-Nachrichten aus dem Weißen Haus geschaut“. Doch Donald Trump blieb zumindest zum Thema höhere Autozölle für EU-Importe still. Von seiner früheren Drohung, Fahrzeuge aus Europa mit Zöllen von bis zu 25 Prozent künstlich zu verteuern, war nichts mehr zu hören.

Der Stimmungswechsel hatte sich bereits angedeutet, nachdem US-Handelsminister Wilbur Ross vor eineinhalb Wochen von „sehr guten Gesprächen“ berichtet hatte und auch der Deutschland-Besuch des amerikanischen Außenministers Mike Pompeo zum 30. Jahrestag der Maueröffnung demonstrativ entspannt verlief. Hinzu kamen dann noch Äußerungen des scheidenden Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der sich in der Vorwoche festgelegt hatte: „Es wird keine Autozölle geben“, betonte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Und unterstrich das dann auch noch mit den Worten: „Sie reden mit einem voll informierten Mann.“ Aus Kreisen der US-Regierung wurde am Mittwoch gestreut, die endgültige Entscheidung werde um weitere sechs Monate verschoben.

Dass sich die Dinge geändert haben, lasen Beobachter in Brüssel auch aus einem Brief von Handelskommissarin Cecilia Malmström heraus, der erst am Dienstag dieser Woche bekannt geworden war. Darin wies die Schwedin die Bitte des US-Handelsbeauftragten Robert Lightizer von Anfang des Monats kurz und bündig zurück, die Einfuhrzölle auf Hummer und Chemikalien rasch zu senken. Solche Nebenabsprachen wolle die EU nicht, schrieb Malmström. Das könne man alles in einem weiterreichenden Abkommen zur Liberalisierung von Zöllen auf Industriegüter und Fischerei- sowie Agrarerzeugnisse regeln. Schließlich will Brüssel in einem Vertrag, der die angedrohten Importabgaben für EU-Autos endgültig aus der Welt schafft, noch mehr erreichen. Auch die von Washington bereits in Kraft gesetzten höheren Importaufschläge auf Stahl, Aluminium und Airbus-Maschinen sollen zurückgenommen werden. Genauso wie weitere künstliche Verteuerungen europäischer Produkte, die die USA nach der Entscheidung der Welthandelsorganisation (WTO), bei der die EU wegen verbotener Subventionen für Airbus-Jets verurteilt worden war, erlassen hatte.

Die EU-Kommission schweigt jedoch zu der Frage, mit welchen Gegenleistungen die Gunst der Vereinigten Staaten erkauft wurde. Als sicher gilt, dass die Zusage der deutschen und europäischen Automobilhersteller bei sogenannten technischen Gesprächen mit der US-Führung Wirkung gezeigt haben. Dabei wurde offenbar vereinbart, die Investitionen in den USA zu erhöhen, um den Anteil der amerikanischen Produktion von europäischen Fahrzeugen zu erhöhen. Außerdem sei man sich bei der Öffnung des EU-Marktes für Agrarprodukte aus den USA näher gekommen. Über Chemikalien aus Übersee werde ebenfalls geredet.

Vor allem aber zeigten sich die Europäer bereit, amerikanische Unternehmen an den gemeinsamen Rüstungs- und Militärprojekten zu beteiligen – eine lukrative Perspektive angesichts der offenkundigen Ausrüstungs-Defizite nicht nur bei der Bundeswehr. Außerdem scheint die Union gewillt, auf neue eigene Zölle verzichten, wenn vermutlich am 13. Dezember das WTO-Urteil über mutmaßlich verbotene staatliche Beihilfen für den amerikanischen Flugzeugbauer Boeing fällt. Von offizieller Seite hieß es dazu in Brüssel, man habe „ein beeindruckendes Angebot“ vorgelegt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort