Vom Mieter zum Hausbesitzer Verbände kritisieren Baukindergeld

Berlin · Fachleute von Branchenverbänden fordern eine gezielte Förderung von Wohneigentum – auch zum Schutz gegen Altersarmut.

 Nur wenige werden beim Hausbau vom Baukindergeld profitieren, monieren Fachverbände.  

Nur wenige werden beim Hausbau vom Baukindergeld profitieren, monieren Fachverbände.  

Foto: dpa/Bernd Wüstneck

In den eigenen vier Wänden wohnen und sich damit auch vor möglicher Altersarmut absichern – für Millionen Bürger bleibt dieser Traum wegen unzumutbar hoher Kosten unerfüllt. Die Bundesregierung will mit einem neuen Baukindergeld gegensteuern. Doch das wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wie eine gestern veröffentlichte Studie im Auftrag von Fachverbänden der Bau- und Immobilienwirtschaft zeigt. SZ-Korrespondent erläutert das Thema in Frage-Antwort-Form.

Wie ist die aktuelle Lage?

In Deutschland wohnt mehr als jeder zweite Haushalt zur Miete. Die Wohneigentumsquote liegt laut Studie nur bei rund 45 Prozent. Das ist im europäischen Vergleich der drittletzte Platz. Als größte Hürden für den Erwerb von Wohneigentum gelten den Experten mangelndes Eigenkapital und eine zu hohe Grund­erwerbssteuer. Der durchschnittliche Immobilienkäufer sei „vermögend, kinderlos und 48 Jahre alt“. Normalverdiener kämen nicht zum Zuge, klagte Jürgen Michael Schick vom Immobilienverband IVD.

Was ist vom Baukindergeld zu erwarten?

Nur sehr wenig. Die im „Verbändebündnis Wohneigentum“ zusammengeschlossenen Fachleute begrüßten zwar, dass der Bund nach mehr als zehn Jahren völliger Förderabstinenz überhaupt wieder die Wohneigentumsbildung auf dem Schirm hat. Vom „Baukindergeld“ – vorgesehen sind 1200 Euro pro Kind und Jahr über zehn Jahre - werden laut Studie aber nur etwa 200.000 Familien profitieren. Als weitere Probleme werden Mitnahme-Effekte und die Verlagerung des Baugeschehens in preiswertere Regionen genannt. Denn die Förderung unterliegt einer Einkommenshöchstgrenze. Der Kaufpreis spielt keine Rolle – je billiger, desto höher ist also der Förderanteil.

Wo liegt das Hauptproblem?

Es besteht darin, dass weite Teile der Bevölkerung von der Förderung ausgeschlossen sind. Beim Baukindergeld gehe es „primär um eine Familienförderung“, so der Studienautor Matthias Günther. Erschwerend kommt hinzu, dass die geplante Förderung besonders in teuren Metropolregionen praktisch schon von der Grunderwerbssteuer aufgefressen wird. Wer zum Beispiel mit einem Kind für rund 171 000 Euro im Hamburger Umland Wohneigentum erwerben will, bekäme 12 000 Euro Baukindergeld, das er anschließend als Grunderwerbssteuer komplett wieder zurückzahlen müsste.

Was schlagen die Experten vor?

Als Ergänzung zum Baukindergeld regen die Branchenverbände eine Wohneigentumsförderung für finanzschwache Haushalte, ältere Arbeitnehmer sowie für Bewohner in Metropolregionen an. Sie sollen von einem staatlich aufzulegenden Kreditprogramm mit niedriger Zinsbindung für bis zu 30 Jahre profitieren. Die Förderung bliebe aber auf Wohnungsgrößen beschränkt, die auch für Hartz-IV-Empfänger als angemessen gelten. Dies liege nicht nur im Interesse der Bezahlbarkeit und eines sparsameren Ressourcenverbrauchs, argumentierten die Experten. Zugleich wären damit auch Mitnahme-Effekte „weitgehend ausgeschlossen“, denn Besserverdiener würden eher größere Wohnflächen bevorzugen und für eine Förderung daher ausscheiden. Obendrein müsse es Freibeträge bei der Grunderwerbssteuer geben.

Welche Rolle spielt Wohneigentum im Alter?

Ausweislich der Studie werden 40 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die ab 2030 in Rente gehen, weniger als 800 Euro gesetzliche Rente bekommen. Ohne Zusatzeinkünfte und wegen der hohen Mieten könnten viele dann schnell in die staatliche Grundsicherung abrutschen. Deshalb sei ein Wohneigentumsförderprogramm auch als Beitrag zur Alterssicherung zu verstehen, so die Studie. Die eigenen vier Wände böten Sicherheit ohne Angst vor Miet­ererhöhungen oder Kündigung, so Studienautor Günther.

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