USA schocken Deutsche Bank

Frankfurt · Die Forderung der US-Justiz ist so gewaltig, dass sich die Deutsche Bank rasch um Schadensbegrenzung bemüht. Deutschlands größtes Geldhaus ist zuversichtlich, die Strafe noch deutlich drücken zu können.

Die Summe macht sogar die Deutsche Bank nervös: 14 Milliarden Dollar (aktuell 12,5 Milliarden Euro) fordert das US-Justizministerium im Streit um krumme Geschäfte in den Jahren vor der jüngsten Finanzkrise. Dass es teuer werden würde, war klar - aber so teuer? Eilig beruhigt der deutsche Branchenprimus in der Nacht zum Freitag die Öffentlichkeit: Die Verhandlungen stünden erst am Anfang, und man sei zuversichtlich, den Betrag noch deutlich drücken zu können. In der Tat haben frühere Fälle gezeigt, dass das von Insidern in US-Medien gezeichnete Drohszenario so meist nicht eingetreten ist. Die neue Horrornachricht ließ den Aktienkurs jedoch einmal mehr abschmieren.

Eigentlich wollten Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank sich in diesen Tagen in Mailand Gedanken über die Zukunft des größten deutschen Geldhauses machen. Doch einmal mehr holt die unrühmliche Vergangenheit den seit gut einem Jahr amtierenden Konzernchef John Cryan ein.

In dem aktuellen Fall in den USA geht es nach Angaben der Bank um die Beilegung zivilrechtlicher Ansprüche im Zusammenhang mit der Ausgabe hypothekengedeckter Wertpapiere zwischen 2005 und 2007. Der Deutschen Bank wird vorgeworfen, mit windigen Geschäften zum Kollaps des US-Häusermarktes 2008 beigetragen zu haben. Solche Papiere gelten als einer der Auslöser der weltweiten Finanzkrise. Im Kern dreht es sich um Wertpapiere, die mit Immobilienkrediten besichert waren und oft zu Päckchen gebündelt an Investoren verkauft wurden. Bei der Deutschen Bank belief sich das Volumen solcher Hypotheken-Papiere auf etwa 80 Milliarden Dollar . Bei den großen US-Banken war es meist deutlich mehr. Bei der Bank of America beispielsweise, die 2014 mit 16,65 Milliarden Dollar die bislang höchste Strafe in diesem Komplex aufgebrummt bekam, war der Bestand nach Angaben von Branchenkennern fast zehn Mal so groß.

Die Deutsche Bank betont, sie beabsichtige "auf keinen Fall, diese möglichen zivilrechtlichen Ansprüche in einer Höhe zu vergleichen, die auch nur annähernd der genannten Zahl entspricht". Als angemessen wird in einem Bericht des "Wall Street Journal" eine Strafe von maximal drei Milliarden Dollar kolportiert. Das wäre die Größenordnung, in der es den US-Konkurrenten Goldman Sachs traf.

Der Finanzwissenschaftler Sascha Steffen warnt die Deutsche Bank jedoch vor allzu viel Optimismus: "Die 14 Milliarden liegen in der Größenordnung dessen, was auch einige andere Großbanken gezahlt haben. Es ist nicht komplett utopisch, dass das bei der Deutschen Bank so kommt", sagt der Forscher vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Die größte Unsicherheit ist nun, ob die rund 5,5 Milliarden Euro reichen werden, die die Deutsche Bank für mögliche juristische Niederlagen nach letzten Angaben zurückgelegt hat. Schließlich laufen auch noch Ermittlungen wegen eines Geldwäscheverdachts in Russland. "Was über die Rückstellungen hinausgeht, wäre bedrohlich", sagt Klaus Nieding, Vize-Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Die Deutsche Bank hat ein echtes Problem."

Meinung:

Flucht nach vorn

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Die Folgen früherer Verfehlungen haften wie Kletten an der Deutschen Bank. Während die US-Konkurrenz längst wieder Milliarden scheffelt, schlägt sich das deutsche Traditionshaus mit der Vergangenheit herum und kommt mit Sanierung und Neuausrichtung seines Geschäfts allenfalls im Schneckentempo voran. Und jetzt noch so eine Horrornachricht. Die Deutsche Bank sollte sich lieber nicht darauf verlassen, mit einem niedrigen Milliardenbetrag davonzukommen. Es ist zumindest nicht unwahrscheinlich, dass die zurückgestellten 5,5 Milliarden Euro nicht ausreichen. Deshalb sollte die Deutsche Bank die Flucht nach vorn antreten und über eine kräftige Kapitalerhöhung nachdenken - groß genug, um alle Altlasten tragen zu können und genügend Freiraum für die Gestaltung der Zukunft zu haben.

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