Theater Trier: Querelen und Nachjustierungen

Saarbrücken/Trier · Am Theater Trier steht der erst seit Beginn der laufenden Spielzeit amtierende Generalintendant Karl Sibelius unter Druck. Sinkende Besucherzahlen, Etatkürzungen und nun die Entlassung von Schauspielchef Ulf Frötzschner machen Sibelius, der künstlerisch für frischen Wind sorgt, zu schaffen.

 Tritt auch als Schauspieler auf: Triers Intendant Sibelius. Foto: dpa

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Vorläufiger Höhepunkt der Querelen am Trie rer Dreispartenhaus war dieser Tage die Entlassung von Schauspieldirektor Ulf Frötzschner. Er hatte zuvor einräumen müssen, ein geplantes Stück unter dem Titel "Die rote Wand" über den Fall Tanja Gräff - anders als zuvor kolportiert - ohne Einwilligung der Mutter der 2007 unter ungeklärten Umständen umgekommenen Studentin auf den Spielplan gesetzt zu haben (wir berichteten). Intendant Karl Sibelius (46), erst seit Sommer '15 in Trier, hatte das Stück daraufhin gestrichen.

In einem Youtube-Interview vom 24. Mai beklagte sich Sibelius, dass "wahnsinnig viel nach draußen" getragen werde. In der Tat vergeht kaum ein Tag, an dem in sozialen Netzwerken nicht beinahe kampagnenartig für oder wider Sibelius Position bezogen wird. Dieser hatte dem in finanziellen Nöten steckenden Trierer Theater, wo zuvor selbst Spartenschließungen im Raum standen, im Sommer 2015 als Nachfolger von Gerhard Weber eine mutige Frischzellenkur verordnet. Sibelius' ambitionierter Spielplan scheint Teile des Traditionspublikums überfordert zu haben. Die Besucherzahlen sanken. Was ob der extrem geringen Budget-Spielräume (bei einem 15 Millionen-Etat bleiben nur 1,3 Millionen Euro für künstlerische Produktionen) doppelt schwer wiegt, weil so etwas sofort die Lokalpolitik alarmiert. Im Kalenderjahr 2015 fuhr das Theater ein Defizit von einer Million Euro ein - was dem erst seit Oktober verantwortlichen Sibelius kaum zuzuschreiben ist, sondern nicht zuletzt Folge steigender Tariflöhne und zusätzlicher Sparauflagen war.

Sibelius' unlängst vorgelegter Spielplan für die nächste Saison zeigt, dass er die Zumutbarkeitsgrenzen offenkundig erkannt hat und mit breitentauglicherer Theaterkost (ob Mozarts "Zauberflöte", Humperdincks "Hänsel und Gretel", Benatzkys "Im weißen Rössl" im Musiktheater oder Hesses "Steppenwolf" und Goethes "Faust I" im Schauspiel) gegenzusteuern gewillt ist. In besagtem Interview umschreibt er es mit den Worten, man gehe "ein bisschen weg von der Performance-Ästhetik" und zeige, "dass wir auf das Publikum gehört haben". Auch wenn die Turbulenzen bereits eine Sondersitzung des städtischen Kulturausschusses zur Konsequenz hatten, steht die Lokalpolitik offenkundig weiterhin hinter Sibelius. Der räumt Fehler ein und bittet, ihm Zeit zu lassen bei seiner Neuausrichtung.

Im Übrigen wusste man in Trier, dass mit Sibelius keine Biedermann-Ära am Theater Einzug halten würde. Im niederbayerischen Eggenfelden, wo er zuvor drei Jahre Intendant war, mischte Sibelius das Publikum gewaltig auf. Mit Erfolg: Er zog junges Publikum, erntete überregionale Aufmerksamkeit und spielte ein gutes Drittel des (indes winzigen 1,5 Millionen-)Etats ein. "Verrückt Euch" überschrieb er seine erste Trierer Spielzeit. Nun muss er selbst nachjustieren, um wieder Ruhe in seinen munteren Theaterladen bringen zu können.

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