Streit über Pillen per Internet

Berlin · Gesundheitsminister Gröhe stößt bei der SPD mit Versandhandelsverbot auf Widerstand.

 Wenn es nach Gesundheitsminister Hermann Gröhe geht, soll es verschreibungspflichtige Medikamente nur in Apotheken geben. Foto: Deck/dpa

Wenn es nach Gesundheitsminister Hermann Gröhe geht, soll es verschreibungspflichtige Medikamente nur in Apotheken geben. Foto: Deck/dpa

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Das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplante Versandhandelsverbot von rezeptpflichtigen Arzneien könnte am Widerstand der SPD scheitern. Am kommenden Dienstag soll der Streit Thema im Koalitionsausschuss sein. Für Patienten, die auf ausländische Online-Apotheken setzen, wäre es wohl keine schlechte Nachricht, würde Gröhes Ansinnen beerdigt. Denn dann könnten sie weiter von den Rabattangeboten profitieren. Doch der Gesundheitsminister will das unbedingt verhindern.

Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom vergangenen Oktober. Die Luxemburger Richter hatten die in Deutschland geltende Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneien für Versandapotheken mit Sitz im Ausland gekippt (Az.: C-148/15). Was Patienten erfreut, ließ die einheimischen Apotheken Sturm laufen. Ihr Tenor: Dadurch gerate die wohnortnahe Arzneimittelversorgung in Gefahr. Carsten Wohlfeil, Geschäftsführer der Apothekerkammer des Saarlandes, sorgt sich besonders um die Apotheken auf dem Land. "Mittelfristig wird die Versorgung - gerade wenn ich ans Nordsaarland denke - problematisch", hatte er gesagt.

Gröhe folgte dem Argument der deutschen Apotheker und ließ einen Gesetzentwurf erstellen, der ein komplettes Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten vorsieht. Offiziell ist die Vorlage immer noch in der Ressortabstimmung - schon seit Monaten, weil sich insbesondere das SPD-geführte Wirtschaftsministerium sperrt. Und langsam wird die Zeit knapp. Denn für gesetzgeberische Maßnahmen endet die Legislaturperiode praktisch schon Ende Juni. Danach ist Wahlkampf pur.

Auch in der Bundestagfraktion der SPD beißt Gröhe mit seinen Vorstellungen auf Granit. "Das ist für uns völlig abwegig", stellte die gesundheitspolitische Sprecherin, Hilde Mattheis, gegenüber unserer Redaktion klar. "Wir sind für die Beibehaltung der Möglichkeit des Versandhandels", sagte Mattheis.

Auf dem Tisch liegt ein Kompromissvorschlag ihres SPD-Kollegen Edgar Franke, der die von den ausländischen Versandhändlern offerierten Boni auf einen Euro je Rezept beschränken will. Bislang sind bis zu zehn Euro möglich. Dadurch, so die Überlegung, kämen einheimische Apotheken weniger unter Druck. "Es geht darum, einen fairen Wettbewerb hinzubekommen", sagte Mattheis. Unklar ist, ob Gröhe einen solchen Kompromiss mittragen würde.

Der Zoff in Sachen Versandhandel ist nicht der einzige, der in die Zuständigkeit des Gesundheitsministers fällt. Nach wie vor auf Eis liegt die Reform der Pflegeausbildung. Hier machen Gröhe sogar die eigenen Leute das Leben schwer. In der Unionsfraktion wird ein Qualitätsverlust befürchtet, sollte es für die drei bislang getrennten Fachberufe Kranken-, Kinder- und Altenpfleger wie geplant eine gemeinsame Ausbildung geben. Ein weiteres Streitthema ist das Arzneimittelreformgesetz, das eine Preisbremse für neue Medikamente vorsieht. Hier stellt sich die SPD bei wichtigen Details quer. Mit allen drei Vorlagen will sich am Dienstag der Koalitionsausschuss von Union und SPD beschäftigen. Ob dort ein Durchbruch gelingt, ist offen.

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