Konjunktur Top-Stimmung in deutschen Firmen

München/Saarbrücken · Die Unternehmen hierzulande schauen so zuversichtlich auf ihre Geschäftslage und die kommenden Monate wie seit 1990 nicht mehr. Auch im Saarland legt die Industrie kräftig zu. Das stimmt optimistisch für die zweite Jahreshälfte.

 IHK-Konjunktur

IHK-Konjunktur

Foto: SZ/Astrid Müller

(dpa/red) Die deutsche Wirtschaft setzt ihren Wachstumskurs ungebrochen fort. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Juni von 114,6 auf 115,1 Punkte und überbot damit den Rekordwert des Vormonats. Dies sei ein neuer Höchststand seit der Wiedervereinigung, teilte das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung gestern in München mit. Die Firmen beurteilten ihre Geschäftslage nochmals deutlich besser und zeigten sich noch optimistischer für das kommende halbe Jahr. Auch die Bundesbank ist zuversichtlich für die deutsche Konjunktur. Sie werde ihre Dynamik aus dem Winterhalbjahr im Frühjahr fortsetze, erklärte sie in ihrem neuen Monatsbericht.

Auch im Saarland hat der Aufschwung im Juni an Kraft und Breite gewonnen. Der Lageindikator der saarländischen Industrie- und Handelskammer (IHK) stieg um 3,6 Punkte – und damit zum fünften Mal in Folge – auf nunmehr 42,3 Zähler. Die Betriebe bewerten ihre Lage derzeit so positiv wie niemals zuvor seit Beginn der monatlichen IHK-Konjunkturerhebungen im Januar 2003. Aufgehellt haben sich auch die Aussichten: Mit einem Sprung um 3,3 Punkte auf 11,4 Zähler erreichte der IHK-Erwartungsindikator den höchsten Wert seit April 2012. „Die Aufwärtsbewegungen bei Lage und Erwartungen sind vor allem auf die Industrie zurückzuführen. Sie profitiert vor allem vom Aufschwung in Europa, welcher der stark exportorientierten Saarindustrie spürbaren Rückenwind verschafft.“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Heino Klingen. Auch die Binnenkonjunktur entwickle sich positiv, sagt Klingen. „All dies stimmt uns zuversichtlich für den weiteren Jahresverlauf“, sagt er. Die IHK hält an ihrer Prognose für 1,5 Prozent Saarwachstum in diesem Jahr. fest.

Angesichts der guten Zahlen ist Commerzbank-Analyst für das zweite Halbjahr optimistisch. Jedoch würden der stärkere Euro und die Anzeichen für eine etwas schwächere Weltkonjunktur dafür sprechen, dass sich die Stimmung der Firmen in den kommenden Monaten etwas eintrüben werde.

Vergangene Woche hatte das Ifo-Institut seine Konjunkturprognose bereits angehoben: Die Forscher rechnen nun mit 1,8 Prozent Wirtschaftswachstum 2017 und 2,0 Prozent im nächsten Jahr, getrieben vom Konsum, der Bautätigkeit und zunehmend auch wieder vom Export. Die Bundesbank nennt als Grund für das Hoch vor allem die lebhafte Industriekonjunktur. Gerade in anderen Euroländern waren Produkte „Made in Germany“ zuletzt stark gefragt, schreibt sie in ihrem aktuellen Monatsbericht.

Zwar seien in der Industrie die Neuaufträge jüngst etwas gesunken. Dies erkläre sich aber maßgeblich durch typische Schwankungen bei Großaufträgen. Während die Produktion bei Autobauern schwächelte, sorgten gerade Hersteller aus Elektronik, Datenverarbeitung und Optik für Schwung. Auch im Baugewerbe stehen die Zeichen dank hoher Aufträge auf Wachstum. Die Auftragsreichweite habe den höchsten Wert seit 1991 erreicht, so die Bundesbank. Der Wert gibt an, wie weit vorhandene Aufträge künftig gleichbleibenden Umsatz gewährleisten.

Der private Konsum wird den Wirtschaftsaufschwung nach Einschätzung der Ökonomen weiter beflügeln: „Die sehr vorteilhafte Arbeitsmarktlage stützt die Konsumentenstimmung und ist eine wesentliche Grundlage dafür, dass der private Verbrauch seine Rolle als wichtiger Eckpfeiler des Aufschwungs beibehält“. Für das laufende Jahr rechnet die Bundesbank mit 1,9 Prozent Wachstum.

Im Saarland bewerten derzeit 49 Prozent der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage mit gut, 45 Prozent mit befriedigend und nur sechs Prozent mit schlecht. Lebhafte Geschäfte melden vor allem der Fahrzeugbau, die Medizin-, Mess- und Regeltechnik sowie die Gummi- und Kunststoffindustrie. Etwas verhaltener, aber immer noch weitgehend gut, laufen die Geschäfte im Maschinenbau, in der Keramikindustrie und im Ernährungsgewerbe.

In der Stahlindustrie ist die Lage insgesamt zufriedenstellend. Das Mengengeschäft stimmt, aber niedrige Preise drücken auf die Margen. Überwiegend befriedigend ist die Lage in der in der Bauwirtschaft, in der Elektroindustrie, im Stahlbau und in der Metallbearbeitung. Bei den Gießereien bleibt die Lage in den Segmenten Eisen und Stahl unverändert schwierig, deutlich besser läuft es beim Aluminiumguss.Im Dienstleistungssektor berichten 94 Prozent der befragten Unternehmen über gute oder befriedigende Geschäfte. Rund läuft es vor allem in der IT-Branche und im Verkehrsbereich.

Die Unternehmen gehen so zuversichtlich in das zweite Halbjahr wie schon lange nicht mehr. Für die kommenden sechs Monate rechnen 18 Prozent der Betriebe mit besseren, 76 Prozent mit gleich bleibenden und sechs Prozent mit schlechteren Geschäften. Die anziehende Konjunktur gibt auch dem Arbeitsmarkt neue Impulse. Die Zahl der Arbeitsplätze dürfte im weiteren Jahresverlauf um 2000 steigen. Gleichzeitig sinkt die Arbeitslosigkeit im Jahresschnitt deutlich unter sieben Prozent. „Die Kehrseite der guten Entwicklung ist, dass sich der Mangel an Fachkräften gerade in Engpassberufen wie Mechatronik und Automatisierungstechnik, IT-Systemanalyse und Elektrotechnik verstärkt und zunehmend zur Wachstumsbremse wird. Es kommt deshalb jetzt mehr denn je darauf an, das Zukunftsbündnis Fachkräfte Saar weiter mit Leben zu füllen. Unsere IHK wird sich künftig auf diesem Gebiet noch stärker engagieren“, sagt Klingen. Die IHK Saarland befragt für ihr Konjunkturbarometer rund 300 Unternehmen mit gut 110 000 Beschäftigten.

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