Es geht um Millionen Steuerbetrug mit neuer Aktien-Masche

Berlin · Anlagebetrüger haben offenbar mit einer neuen Masche versucht, sich Kapitalertragsteuer zu ergaunern. In Berlin herrscht Aufregung.

 Was soll ich denn machen? Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) muss sich vermutlich wieder mit Steuerbetrügern herumärgern.

Was soll ich denn machen? Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) muss sich vermutlich wieder mit Steuerbetrügern herumärgern.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Im Ministerium von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) läuten die Alarmglocken. Hektisch werden Prüfaufträge an die Finanzämter geschickt. Anlass ist eine Affäre um einen möglichen Steuerbetrug mit „Phantomaktien“.

Was ist passiert?

Die Staatsanwaltschaft Köln geht einer bislang unbekannten Masche nach, mit der Banker und Aktienhändler möglicherweise Millionenbeträge an deutschem Steuergeld ergaunert haben könnten. Der Kölner Staatsanwalt Renè Seppi betonte, dass es Auffälligkeiten bei Geschäften mit „American Depositary Receipts“ (ADR) gebe, auf die man im Zuge der „Cum-Ex“-Ermittlungen – also zu dubiosen Finanz­deals rund um Aktien aus der Vergangenheit – gestoßen sei. Schon damit wurde der Fiskus betrogen.

Worum geht es bei ADRs?

Das sind spezielle Papiere, die von Banken ausgestellt und in den USA stellvertretend für ausländische Aktien gehandelt werden. Normalerweise muss jedem ADR-Papier eine echte Aktie zugrunde liegen. Großbanken und Aktienhändler aber wird nun laut einem Medienbericht vorgeworfen, in den USA Millionen von ADR-Papieren herausgegeben zu haben, die nicht mit einer echten Aktie hinterlegt waren.

Was ist dran an den Vorwürfen?

In den USA laufen schon länger Ermittlungen der Aufsicht SEC. Erst im November hat die Citibank einem Vergleich zugestimmt, über 38,7 Millionen US-Dollar (33,3 Millionen Euro), weil die ADR-Papiere nicht mit echten Aktien und damit konkreten Werten hinterlegt waren. Zwei Töchter der Deutschen Bank (DBTCA und DBSI) haben im Juli einem Vergleich sogar über 75 Millionen US-Dollar (65,7 Millionen  Euro) zugestimmt. Mit den Papieren wurde Recherchen von WDR und „Süddeutscher Zeitung“ zufolge auch in Deutschland erfolgreich die Rückzahlung von nicht zustehenden Kapitalertragssteuern beantragt. Das Ausmaß ist aber bisher noch völlig unklar.

Warum der Name „Cum Fake“?

Weil dahinter gar keine echten Aktien stehen. Zuvor gab es bereits unter anderen den „Cum-Ex“-Skandal – ein schon gestopftes Steuerschlupfloch, das findige Investmentbanker ausgenutzt haben sollen, um allein den deutschen Staat möglicherweise um bis zu 30 Milliarden Euro zu prellen. Investoren schoben sich rund um den Dividendenstichtag Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin und her.

Wie reagiert Scholz?

Sein Finanzministerium hat per Erlass ein digitalisiertes Erstattungsverfahren gestoppt, das es potenziellen Kriminellen die nicht zustehende Erstattung besonders leicht gemacht haben könnte. Das Ministerium geht den Vorwürfen mit Hochdruck nach. „Die Vorgaben für Inhaber von American Depositary Receipts (ADR), die berechtigt sind, sich die Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen, sind eindeutig und schließen eine unberechtigte Erstattung aus.“ So dürfen Steuerbescheinigungen nur für ADR ausgestellt werden, die sich wirklich „im Depot des jeweiligen Instituts befinden und für die die Kapitalertrag­steuer auf die dem ADR zugrundeliegende Aktie abgeführt worden ist“. Es werde nun intensiv geprüft, beteiligte Geldinstitute müssten für den möglicherweise entstandenen Schaden haften.

Gerät Scholz unter Druck?

Er muss rasch Erklärungen liefern. Der FDP-Politiker Florian Toncar fordert einen Sonderermittler, Scholz müsse dem Bundestag Rede und Antwort stehen. Der Finanzexperte der Linken, Fabio de Masi, fordert, dass das Bundeszentralamt für Steuern und die Finanzaufsicht BaFin alle Erstattungen rund um den Dividendenstichtag systematisch analysieren und eine Task Force schaffen.

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