Steag will Kraftwerke vom Netz nehmen

Saarbrücken · Wenn Kraftwerke kein Geld mehr verdienen, werden sie zeitweise oder endgültig vom Markt genommen. Dieser Teil der neuen Steag-Strategie kann auch für Saar-Standorte das Aus bedeuten.

 Alle Steag-Kraftwerke – wie hier das Kraftwerk Bexbach – werden wirtschaftlich überprüft und infrage gestellt.

Alle Steag-Kraftwerke – wie hier das Kraftwerk Bexbach – werden wirtschaftlich überprüft und infrage gestellt.

Foto: Becker & Bredel

Die Situation für konventionelle Kraftwerke ist seit der Energiewende nicht gut. Mit Strom aus Kohle und Gas lässt sich kaum noch Geld verdienen. Und es wird nicht besser: "Die Rahmenbedingungen auf dem deutschen Strommarkt haben sich in diesem Jahr noch einmal drastisch verschlechtert", sagte Steag-Chef Joachim Rumstadt dem "Handelsblatt". Der Energiekonzern, der im Saarland drei Steinkohlekraftwerke betreibt - in Völklingen-Fenne, Quierschied-Göttelborn und Bexbach -, zieht jetzt die Notbremse: Mit der Strategie "Steag 2022" soll das Unternehmen neu ausgerichtet werden. Und dazu gehört auch der Wegfall klassischer Stromerzeugung. Es sei Teil der Überlegung, Kraftwerke, die keinen positiven Ertrag mehr erwirtschaften, zeitweise oder endgültig aus dem Markt zu nehmen. "Das trifft auch auf die saarländischen Kraftwerke zu", sagte ein Steag-Sprecher. Bei den aktuellen Strompreisen verdienen die Kohlekraftwerke der Steag im Saarland kein Geld mehr. Und auch im kommenden Jahr sehe das nicht anders aus, sagte Betriebsratschef Klaus-Dieter Woll.

Von den acht Steinkohle-Kraftwerksblöcken in Deutschland drohe ungefähr jedem zweiten das Aus, sagte Rumstadt. Allerdings gibt es bereits für fünf Blöcke in Nordrhein-Westfalen Auslaufszenarien. Ob diese nun vorgezogen werden oder andere Standorte stillgelegt werden, sei noch offen, hieß es aus dem Unternehmen.

800 bis 1000 der konzernweit 3500 Arbeitsplätze könnten wegfallen, kündigte Rumstadt an. Doch betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben, sagt Betriebsratschef Woll. Angedacht seien stattdessen Vorruhestandslösungen, Abfindungsangebote ebenso wie Arbeitsplatzangebote im Konzern, Qualifizierung und die Vermittlung an andere Unternehmen, sagt Woll.

Vor einigen Tagen hat Steag die Mitarbeiter über die Situation und die neue Strategie informiert. Neben den Kraftwerken soll auch im Energiehandel gekürzt werden. Stattdessen will das Unternehmen das Geschäftsfeld Energiedienstleistung stärker ausbauen. Dazu gehören unter anderem Planung und Bau, aber auch Betrieb, Instandhaltung und Vermarktung von Kraftwerken. Außerdem im Fokus stehen Bau und Betrieb dezentraler Blockheizkraftwerke sowie erneuerbare Energien.

Doch nicht nur die Kraftwerke stehen bei Steag auf der Streichliste: Auch vom Tafelsilber, nämlich Fernwärmeanlagen in Deutschland und Windkraftanlagen im Ausland, die auf dem Höhepunkt ihrer Wertschöpfung sind, könne man sich trennen, teilte Steag gestern mit. Damit will das Unternehmen den aktuell guten Markt nutzen, um die Geldreserven wieder aufzufüllen.

Doch das ist noch Zukunftsmusik. Entscheidungen könnten sich noch bis ins kommende Jahr ziehen, sagte Woll. Außerdem muss einer Stilllegung auch die Bundesnetzagentur zustimmen. Angesichts der Bedeutung der Kraftwerke für den süddeutschen Raum, ist auch das noch offen.

Eines jedenfalls sei klar, sagte Dietmar Geuskens von der Gewerkschaft IG BCE. In den Kraftwerken selber gebe es kein Sparpotenzial mehr. "Da sind wir an der Grasnarbe", sagte Geuskens.

Meinung:

Noch ist Hoffnung

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Bei den Kraftwerksstandorten im Saarland ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Dass sie dauerhaft Geld verdienen, ist zwar nicht zu erwarten. Doch dass die Bundesnetzagentur angesichts der Stilllegung von Atomkraftwerken in Süddeutschland auch einem Aus der Kohle-Standorte zustimmt, ist unwahrscheinlich. Sonst wäre bei schlechter Wetterlage die Versorgung nicht gesichert. Bedenklich bei der Steag-Strategie ist allerdings, dass sich das Unternehmen jetzt auch von Gewinnbringern trennen will. Sicher ist es richtig, das Unternehmen stärker auf Dienstleistungen und neue Energien auszurichten. Doch das geht besser, wenn einige Bereiche noch Geld verdienen.

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