„Stahlindustrie hat Schutz verdient“

Völklingen · Zum zweiten Mal hat die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger zum Industriekongress in die Völklinger Hütte geladen. Mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel kam hoher Besuch ins Land.

 Sigmar Gabriel betonte gestern die Bedeutung der Stahlindustrie. Foto: Oliver Dietze

Sigmar Gabriel betonte gestern die Bedeutung der Stahlindustrie. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Tatsächlich, einen Kaffee hat er mit Oskar Lafontaine gestern bei seinem Besuch im Saarland getrunken. Der Auftakt für ein neues politisches Zusammenkommen? Es sei doch schön, wenn man ein entspanntes Verhältnis mit jemandem pflege, mit dem man politisch nicht so viel gemeinsam habe, sagte Gabriel dazu lapidar. Keine parteipolitischen Bündnisse sollten beim zweiten saarländischen Industriekongress in der Völklinger Hütte im Mittelpunkt stehen, sondern die Saar-Wirtschaft.

Bei dem von ihr ins Leben gerufenen Kongress hat Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ) gestern die neuen industriepolitischen Leitlinien der Landesregierung präsentiert. Bereits im Januar 2015 hatte Rehlinger ein Strategiepapier für den Industriestandort Saarland vorgestellt. In Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Wissenschaft entstanden daraus die Leitlinien.

Dabei geht es einerseits um die Automobilbranche, um das "Auto der Zukunft", das möglichst ein Saarländer sein solle, wie Rehlinger sagte. Aber auch um die Stahlindustrie, von der 22 000 Arbeitsplätze im Saarland abhingen. Billigimporte aus China sowie die anstehenden klimapolitischen Reformen der EU machten der Branche zu schaffen, sagte Rehlinger. Die Landesregierung will sich deshalb in Berlin und Brüssel dafür einsetzen, dass die Stahlindustrie durch die europäische Klimaschutz- und Außenhandelspolitik nicht wettbewerbsverzerrend belastet wird. Es gehe nicht um Almosen, die habe die Stahlindustrie gar nicht nötig, sondern um "faire Rahmenbedingungen". Gabriel sprang Rehlinger bei, die Stahlindustrie habe "Schutz und Einsatz der Politik" verdient, sagte er. Die Völklinger Hütte stehe schließlich "für den schmalen Grat zwischen Industrieproduktion und Industriedenkmal", sagte Gabriel.

Ein großes Thema der saarländischen Industriepolitik soll außerdem die Digitalisierung sein. Der saarländische Mittelstand müsse mit der richtigen Finanzierung gewappnet und auf Themen wie Cybersicherheit vorbereitet werden. Schon bei der Ausbildung der Fachkräfte müsse Digitalisierung im Fokus stehen Deshalb soll eine Offensive für Weiterbildung und Qualifizierung gestartet werden. Die Landesregierung will zudem den "Bund Neue Arbeitswelt Saar" gründen. Gemeinsam mit Sozialpartnern und Wissenschaft soll der Bund die Risiken und Chancen in einer digitalisierten Industrie beleuchten.

Fünf Rahmenbedingungen zählte Gabriel auf, die für eine positive Entwicklung der deutschen Wirtschaft wichtig seien - und die Rehlingers Leitlinien durchaus ähnlich sehen: die Qualifizierung von Fachkräften, die Energieversorgung, Investitionen in die Forschung, die Infra struktur sowie die Digitalisierung . Bis 2025 wünscht sich Gabriel für Deutschland die weltweit beste digitale Infrastruktur.

Die Bundesregierung und er persönlich unterstützten den Kurs der saarländischen Landesregierung denn auch ausdrücklich, sagte Gabriel. "Deutschland braucht ein großes Modernisierungsprogramm", sagte er. Für solche Investitionen sei es auch nicht schlimm, neue Schulden zu machen. Im Gegenteil: Keine Investitionen zu tätigen, nur um keine Schulden zu machen, gefährde die deutsche Wettbewerbsfähigkeit.

Gabriel verriet zwar keine Details zu seinem Treffen mit Lafontaine im Vorfeld des Industriekongresses. In diesem Punkt aber stimmte dieser dem SPD-Vorsitzenden sicher zu.

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