Berlin Spitzen der Wirtschaft sauer auf Regierung

Berlin · Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben den Kurs der großen Koalition besonders in der Wirtschafts- und Sozialpolitik massiv kritisiert. Industriepräsident Dieter Kempf sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Unsere Unternehmen werden zunehmend ungeduldig.

Wir brauchen endlich eine wahrnehmbare, zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik.“ Kritik kam zugleich auch von den Arbeitgeberverbänden und dem Handwerk.

Kempf sagte, eine vernünftige Wirtschaftspolitik sei genauso wie eine vernünftige Bildungspolitik die beste Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. „Die Politik muss die Ursachen angehen, nicht nur die Symptome. Die Koalition hat bisher auf die falschen Themen gesetzt. Im Koalitionsvertrag geht es so gut wie gar nicht um die jüngeren oder nachfolgenden Generationen.“ In der Wirtschaftspolitik habe sich nun ein enormer Handlungsdruck aufgebaut, weil zu lange zu viel umverteilt und zu wenig investiert worden sei. Auch das Handwerk zeigte sich unzufrieden. Es werde konjunkturell sicher auch wieder einmal schwieriger werden, sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. „Die Koalition aber stelle ungedeckte Schecks auf die Zukunft aus gemessen bei dem, was sie auf den Weg gebracht hat und ausgibt für Soziales, Rente, Arbeitsmarkt und Gesundheit. Das wird uns und unsere Kinder und Enkel schwer belasten und ist eine Hypothek für die Zukunft.“ Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer monierte, 2018 sei erheblich von innerparteilichen Kontroversen geprägt gewesen: „Wir haben seit der Bundestagswahl anderthalb Jahre verloren. Es ist allen drei Parteien gelungen, das in Frage zu stellen, was sie zuvor politisch umgesetzt haben.“ Er erinnerte an die sogenannte Obergrenze oder die Agenda 2010.  Zugleich fordert Kramer flexiblere Arbeitszeiten. Das Arbeitszeitgesetz müsse den Realitäten angepasst werden. „Wir müssen den Rahmen neu justieren, in dem sich die Unternehmen bewegen können. Es geht nicht um Mehrarbeit, es geht um flexiblere Lösungen durch Wochenarbeitszeit, also einen Tag länger, einen Tag kürzer arbeiten.“

Kramer kritisierte, in Deutschland sei im Arbeitszeitgesetz eine Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen von elf zusammenhängenden Stunden festgelegt: „Das lässt sich in einer digital und international vernetzten Welt der Wirtschaft aber nicht jeden Tag einhalten. Das heißt, es wird in der Praxis längst anders gehandelt. Das wird von den Arbeitnehmern mit Familie und Home Office auch gewünscht.“

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