Diesel-Autos weniger gefragt Sorge um Jobs bei Bosch in Homburg

Stuttgart/Homburg · Der Bosch-Vorstand sieht Risiken für Arbeitsplätze im Homburger Werk. Der Betriebsrat befürchtet den Verlust Hunderter Stellen.

 In Homburg fertigen Bosch-Mitarbeiter Produkte für die Diesel-Einspritztechnik. Wie deren Zukunft aussieht, ist ungewiss. Foto: Ruppenthal

In Homburg fertigen Bosch-Mitarbeiter Produkte für die Diesel-Einspritztechnik. Wie deren Zukunft aussieht, ist ungewiss. Foto: Ruppenthal

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Die Diesel-Abgas-Affäre und deren Folgen schlagen auch auf den Bosch-Standort Homburg durch. Die Unsicherheit ist hoch. Ob sich die Zahl der Beschäftigten im Homburger Diesel-Komponenten Werk bei 4300 halten lässt, ist ungewiss. Das musste gestern der Bosch-Vorstand auf der Bilanzpressekonferenz einräumen, auch wenn keiner die Prognosen des Betriebsratschefs des Homburger Werks, Oliver Simon, kommentieren, geschweige denn bestätigen wollte. Simon sieht bis Ende des Jahres 730 Arbeitsplätze in Gefahr - hauptsächlich weil die Fertigung einer älterer Produktgeneration auslaufen soll.

"Wir sind in einer sehr kippeligen Situation", sagte Rolf Bulander, Chef der Konzernsparte Mobility Solutions. Zurzeit laufen die deutschen Standorte für Dieseltechnik recht gut. Das Homburger Werk für Pkw- und Lkw-Einspritzdüsen "ist sehr gut ausgelastet", sagte Uwe Gackstatter, Vorstand von Diesel Systems. Das sei aber einer Sonder-Konjunktur in China geschuldet. Unter anderem hätten geänderte gesetzliche Vorschriften dort zu einer hohen Nachfrage nach Dieseltechnik für Kleintransporter und Lkw geführt. Doch dieser Nachfrage-Boom "ist nach unseren Prognosen im zweiten Halbjahr" vorbei, sagte Bulander. Dann könnte der Abwärtstrend auf dem europäischen Markt für Diesel-Autos eine größere Rolle spielen, wenn er sich denn fortsetzt oder gar massiv zunimmt. Mit Folgen auch für die Beschäftigung in Homburg. "Ein Verlust des Diesel hätte erhebliche Auswirkungen für die Beschäftigung bei Bosch", sagte Bosch-Chef Volkmar Denner. Die Diesel-Sparte hat weltweit 50 000 Beschäftigte, davon 15 000 in Deutschland.

D enner spricht sich daher gegen Diesel-Fahrverbote aus, wie sie etwa für Stuttgart geplant sind, und wirbt für Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Diesel. "Ein Diesel-Fahrverbot wäre ein Kurzschluss, der ökologische wie ökonomische Tatsachen verdrängt - schädlich für Arbeitsplätze und für den Klimaschutz." Denn ohne den Diesel-Antrieb drohen "Länder wie Deutschland ihre eigenen Klimaziele zu verfehlen", weil Dieselmotoren weniger Kohlendioxid in die Luft blasen als Benzin-Antriebe .

"Kurzfristig geht es darum, die Stickoxid-Emissionen des Diesel im realen Straßenverkehr weiter zu senken", sagte Denner. Und das sei mit der aktuellen Technik durchaus möglich, wie kürzlich Daimler gezeigt habe. Die Technik sei, da um die ab 2020 geltenden gesetzlichen Vorgaben im Straßenverkehr einzuhalten. "Diese Technik muss jetzt eingesetzt werden."

Grundsätzlich bekannte sich Gackstatter zur Zukunft des Homburger Werks. "Wir produzieren dort die modernsten Komponenten für Diesel-Einspritztechnik." Rund 140 Millionen habe Bosch in den vergangenen fünf Jahren in Homburg investiert. Eine weiterentwickelte Injektorengeneration gehe 2019 an den Markt. Die Fertigung sei zukunftsträchtig.

A uf die Prognose des Betriebsratschefs ging Gackstatter aber nicht ein. Er kann sich aber vorstellen, die Produktion älterer Einspritz-Technik länger in Homburg zu halten als bisher geplant. Das würde die Situation vorerst etwas entspannen, sagte Simon. Für ihn ist klar: "Das Homburger Werk braucht Zukunftsprodukte - außerhalb von Diesel-Technik." Bislang "werden wir aber vertröstet."

Alternativen scheinen möglich. Denn der Konzern forciert den Aufbruch zu neuen Technologien und beschränkt sich nicht auf die Verteidigung des Verbrennungsmotors. Bosch sieht sich als Treiber für die Elektromobilität und den Ausbau des Internets der Dinge, der intelligenten Teamarbeit von Mensch und Maschine in der Industrie wie auch in der Lebenswelt eines jeden - etwa über die Vernetzung von Hausgeräten und Heizungen .

Für die Automotive-Sparte gibt Bosch-Chef Denner ein doppeltes Ziel aus: "Wir sind mit unseren Systemen für den Verbrennungsmotor Nummer eins im Markt und wollen das auch bleiben - und diese Position streben wir auch als Zulieferer für die Elektromobilität an."

Zum Thema:

Bosch startet gut ins neue Jahr 2017 Mit einem Umsatzplus von zwölf Prozent im ersten Quartal ist Bosch 2017 gut gestartet. Für das Gesamtjahr ist ein Plus von drei bis fünf Prozent geplant. 2016 ist der Umsatz 3,6 Prozent auf 73,1 Milliarden Euro gestiegen. Das operative Ergebnis (Ebit) lag 2016 bei 3,3 Millionen Euro.

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