Strom Wind und Sonne verdrängen die Kohle

Berlin/Essen · Erneuerbare Energien lösen die fossilen bei der Stromerzeugung ab. Allerdings zu langsam für die deutschen Klimaziele, kritisieren Experten.

 In Deutschland wird immer mehr Strom durch Windkraft- und Solaranlagen gewonnen.

In Deutschland wird immer mehr Strom durch Windkraft- und Solaranlagen gewonnen.

Foto: dpa/Carsten Rehder

Sonne und Wind haben in diesem Sommer die Öko-Stromerzeugung kräftig vorangetrieben – doch der weitere Ausbau vor allem der Windkraft an Land stockt. Auch bei der Solarstromerzeugung warnen Experten wegen einer auslaufenden Förderung vor Einbrüchen.

Von Juni bis August speisten Windräder und Photovoltaik-Anlagen zusammen 39,3 Terawattstunden Strom ins öffentliche Netz ein, wie das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE errechnet hat. Das waren gut zehn Prozent mehr als in den Sommermonaten 2018. Deutlich weniger Strom als im vergangenen Sommer produzierten dagegen Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke.

Mit den beiden fossilen Brennstoffen wurden den ISE-Zahlen zufolge 29,6 Terawattstunden Strom erzeugt. Bei der Braunkohle waren es ein gutes Drittel weniger als im Sommer 2018, bei der Steinkohle belief sich der Rückgang sogar auf 50 Prozent.

Im Zuge der Energiewende sollen Kohle, Gas und Atomkraft durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Bis 2022 wird das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet sein, bis 2038 ist der Kohleausstieg geplant. Der Ökostrom-Anteil soll ferner bis 2030 auf 65 Prozent steigen – im ersten Halbjahr 2019 lag der Beitrag zur Deckung des Stromverbrauchs nach Zahlen des Energieverbandes BDEW bei 44 Prozent.

Allerdings sind diese Ziele in Gefahr, denn vor allem der Ausbau der Windkraft an Land ist fast zum Erliegen gekommen. „Genehmigungsstau und Klageflut belasten die Branche“, sagt BDEW-Präsident Hermann Albers. Dazu kommen, beispielsweise in Bayern, strenge Abstandsregelungen zu Wohnhäusern und der Widerstand von Bürger­initiativen vor Ort. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) plant daher am 5. September ein Krisentreffen zur Windkraft mit Vertretern der Branche und der Länder.

„Mit diesem Tempo kann die Bundesregierung ihre selbstgesteckten Ziele beim Klimaschutz und bei erneuerbaren Energien nicht erreichen“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Achim Dercks. Er warnt vor Belastungen für die Wirtschaft.

Versorgungssicherheit sei für alle Unternehmen entscheidend. Bereits kurze Unterbrechungen könnten die Produktion empfindlich stören oder komplett lahmlegen. Laut DIHK-Umfragen sei bereits jetzt jedes vierte Industrieunternehmen von „kurzen Stromausfällen“ betroffen.

Bei der Solar-Energie gab es im Juni ein kräftiges Plus. Von Juni bis August betrug die Solarstromerzeugung 19,3 Terawattstunden, gut vier Prozent mehr als 2018. Nach Angaben der Denkfabrik Agora ist dies auch eine Folge des Zubaus neuer Solaranlagen im ersten Halbjahr 2019 mit einer Leistung von zwei Gigawatt. „Solarstrom ist inzwischen nicht nur eine der günstigen Arten, Strom zu erzeugen, er ist auch unbedingt nötig, um die Energiewende in Deutschland zu schaffen und die Klimakrise zu bekämpfen“, sagt Agora-Direktor Patrick Graichen. Deshalb müsse der immer noch existierende Ausbaudeckel von 52 Gigawatt schnellstmöglich weg. „Diese Marke könnte schon nächstes Jahr erreicht werden, dann würde der Ausbau abrupt zum Stehen kommen“, warnt Graichen.

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