Skeptischer Blick in die USA

Berlin · Die umstrittene Handelspolitik des neuen US-Präsidenten irritiert viele Firmen. Experten warnen, das wirtschaftliche Klima könne auch in Deutschland schlechter werden. Stehen bald Jobs auf der Kippe?

 Den deutschen Maschinenbau könnte eine US-Abschottungspolitik hart treffen. Foto: puchner/dpa

Den deutschen Maschinenbau könnte eine US-Abschottungspolitik hart treffen. Foto: puchner/dpa

Foto: puchner/dpa

Die Abschottungspläne von US-Präsident Donald Trump gefährden nach Einschätzung von Ökonomen auch Jobs in Deutschland. Zu befürchten seien Einbußen für den Wohlstand, sollte der Republikaner seinen Anti-Globalisierungs-Kurs voll umsetzen. Konkret kündigte Trump bislang einen Rückzug aus der transpazifischen Partnerschaft (TPP) an. Das nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) mit Kanada und Mexiko will er zumindest neu verhandeln. Die Verunsicherung ist angesichts des wirtschaftspolitischen Kurses Trumps aber schon jetzt groß. Nach Beobachtung von Konjunkturexperten sind zahlreiche Betriebe misstrauisch, wie Deutsche-Bank-Volkswirt Heiko Peters sagte.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sorgt sich wegen der aktuellen Lage. "Uns droht ein Handels- und Wirtschaftskrieg mit Amerika: Das muss man so hart feststellen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS)". Nach Angaben seines Kollegen Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts, hängen hierzulande eine Million Jobs an den Exportbeziehungen, weitere 600 000 entfielen auf US-Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland.

Trump will die stark negative Außenhandelsbilanz der Vereinigten Staaten unter anderem durch Importabgaben verbessern. So hofft er, dass bald mehr US-Produkte exportiert als fremde Produkte eingeführt werden. Vor allem im Verhältnis zum Nachbarn Mexiko, wo auch deutsche Autobauer wichtige Werke betrieben, hatte dies Verstimmung ausgelöst.

Insgesamt hat die direkte Bedeutung der US-Wirtschaft für Deutschland abgenommen. In den siebziger Jahren gingen noch bis zu 14 Prozent der deutschen Ausfuhren in die USA - dieser Anteil hat sich inzwischen halbiert. Als Abnehmer viel wichtiger ist Frankreich, am stärksten nach vorn kam in den vergangenen Jahren China.

Für einzelne Branchen wie den Maschinenbau könnten Handelshindernisse aber schwer wiegen. Viele Unternehmen fragten sich, was die US-Regierung nun beschließen werde, sagte Deutsche-Bank-Experte Peters. Aber auch der Brexit und mögliche Populisten-Wahlsiege brächten "politische Unsicherheiten", die im zweiten Halbjahr die Konjunktur schwächen könnten: "Wenn die Unsicherheit hoch ist, wird das Investitionsumfeld gedämpft."

Bei der Allianz geht Konjunktur- und Arbeitsmarktexperte Rolf Schneider davon aus, dass wahrscheinlich "nur die Hälfte der von Trump angekündigten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden". Der Versicherungskonzern erwartet in den USA neben Steuersenkungen vor allem staatliche Investitionen in die Infrastruktur. Das würde 2017 und 2018 die US-Wirtschaft ankurbeln und könnte dort für ein Wachstum von 2,2 in diesem und 2,4 Prozent im nächsten Jahr sorgen.

Vor Trumps Amtseinführung hatte die größte Volkswirtschaft der Welt ihr Tempo merklich verlangsamt. Für das Schlussquartal 2016 schätzte das Handelsministerium ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von auf das Jahr gerechnet 1,9 Prozent.

Meinung:

Vertrauen ist schon zerstört

Von SZ-Redakteur Lothar Warscheid

Wenn der neue US-Präsident Donald Trump mit seiner kruden Abschottungspolitik ernst macht, könnte die deutsche Wirtschaft in der Tat in heftige Turbulenz geraten. Die gegenseitigen Verflechtungen beider Volkswirtschaften sind hoch, auch wenn der Warenaustausch, der sich in der Handelsbilanz widerspiegelt, in den vergangenen Jahrzehnten spürbar abgenommen hat. Viele deutsche Firmen lassen in den USA fertigen und zahlreiche US-Konzerne sind in Deutschland mit Betrieben vertreten. Noch ist kein Schaden entstanden. Doch Vertrauen ist schon massenweise zerstört, was schlimm genug ist. Außerdem sinkt täglich die Hoffnung, dass Trump sich von seinen "Beratern" etwas sagen lässt. Leute wie er bevorzugen leider Ja-Sager und Claqueure in ihrem Umfeld.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort