Neue Kraftwerke Siemens hofft auf Milliarden-Auftrag im Irak

Bagdad/München · Siemens bleibt im Wettstreit um einen Milliarden-Deal zum Ausbau der irakischen Stromnetze im Rennen. Trotz massiver Interventionen von Präsident Donald Trump hat der Münchner Konzern noch Chancen gegen seinen US-Erzrivalen General Electric (GE),  nachdem es zunächst geheißen hatte, die Amerikaner hätten die Nase vorn.

Gestern kam Siemens dem Ziel, die Stromkapazitäten in dem vom Krieg zerstörten Land auszubauen, entscheidend näher: In Bagdad unterzeichnete Vorstandschef Joe Kaeser eine entsprechende Absichtserklärung, wie das Unternehmen und die Regierung mitteilten.

Der für Siemens wichtige Schritt hatte in den Tagen zuvor auf der Kippe gestanden. Die „Financial Times“ hatte von erhöhtem Druck der USA auf die Regierung in Bagdad berichtet. Unter anderem seien Waffenlieferungen versprochen worden. Der Finanzdienst Bloomberg schrieb, ranghohe Vertreter Washingtons hätten Ministerpräsident Haider al-Abadi gewarnt, die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu riskieren, sollte ein Auftrag an Siemens gehen.

Doch auch die deutsche Seite hatte sich ins Zeug gelegt. Erst vor wenigen Wochen war Kaeser mit dem parlamentarischen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium in den Irak gereist, um dort persönlich für das Vorhaben zu werben. Siemens versprach tausende Jobs sowie Unterstützung beim Kampf gegen Korruption und dem Aufbau von Schulen und Kliniken.

Allerdings heißt das noch nicht, dass der Auftrag automatisch an Siemens geht. Auch GE meldete gestern, eine Reihe von „Grundsätzen der Zusammenarbeit“ unterzeichnet zu haben. Damit sind laut Branchen-Insidern weiterhin beide Pläne im Rennen. Das irakische Elektrizitätsministerium bezeichnete das Abkommen mit Siemens als „Startpunkt für eine lang andauernde Zusammenarbeit“. Auch zu GE hieß es, die Pläne seien eine mögliche Grundlage für künftige Verträge.

Die Ausbaupläne des US-Unternehmens liegen mit 14 Gigawatt über denjenigen der Deutschen. Siemens plant mit elf Gigawatt Zubau – das entspricht der Hälfte der aktuellen Stromerzeugungs-Kapazität des Iran. GE verspricht zudem bis zu 65 000 neue Jobs und Einsparungen für den Irak in Höhe von bis zu drei Milliarden Dollar jährlich.

Obwohl der Irak eines der ölreichsten Länder der Welt ist, leidet die Bevölkerung unter der schlechten Versorgung mit Elektrizität. Vor allem, wenn in den heißen Sommermonaten mit Temperaturen von bis zu 50 Grad allerorten Klimaanlagen laufen, fällt ständig der Strom aus. Seit dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein 2003 scheiterten alle Regierungen daran, die Lage entscheidend zu verbessern. Ein Hauptgrund: die verbreitete Korruption.

Für Siemens würde der Zuschlag zumindest eine leichte Entspannung in der kriselnden Kraftwerksparte mit sich bringen. Überkapazitäten bei Großturbinen und der generelle Strukturwandel der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Quellen machen dem Geschäftsfeld zu schaffen. Siemens will in dem Bereich rund 6900 Stellen weltweit abbauen, 2900 davon in Deutschland.

(dpa)
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