Sibelius' Intendanten-Feuerstuhl am Theater Trier

Saarbrücken/Trier · Nachdem Triers Oberbürgermeister am Montag dem erst seit zehn Monaten amtierenden Theaterintendanten Karl Sibelius die kaufmännische Leitung des Dreispartenhauses entzogen hat, stellt sich die Frage, ob diese Maßnahme Teil einer Demontage auf Raten ist.

Am Stadttheater Trier spitzt sich die Lage immer weiter zu: Am Montag entzog Oberbürgermeister Wolfgang Leibe (SPD) dem in der Kritik stehenden Intendanten, dem erst im Sommer 2015 nach Trier geholten Karl Sibelius, die kaufmännische Leitung der Bühne. Bis dato oblag Sibelius sowohl die künstlerische als auch die kaufmännische Gesamtleitung des Dreispartenhauses. Gestern forderte die Zeitung "Trierischer Volksfreund" bereits die komplette Ablösung von Sibelius, der das Theater binnen neun Monaten "zu einem Krisenherd mit einer ansehnlichen Liste von Eskalationen" gemacht habe.

Der Rückhalt für Sibelius schwindet an den Schaltstellen der Stadtpolitik. Auslöser für die Notbremse von OB Leibe war offenbar, dass am Trierer Theater auch für das Kalenderjahr 2016 wie schon im Vorjahr ein Defizit von 1,3 Millionen Euro zu erwarten ist. Sibelius wiederum hatte dieser Tage in einem Interview darauf hingewiesen, dass dieses Defizit im Wesentlichen Tariferhöhungen geschuldet sei (wir berichteten). Dass der kaufmännische Stuhl des neuen Intendanten nun kurzerhand abgesägt worden ist, fällt auf die Politik zurück: Sie war es, die dem Theater zu Sibelius' Amtsantritt eine neue Rechtsform (geführt wird es nun als Anstalt öffentlichen Rechts) verpasst hatte, die der Bühne eine größere finanzielle Unabhängigkeit zugestand. Nun wird sie wieder einkassiert: Die Stelle eines Verwaltungsdirektors, die interimshalber vorerst der Trierer Kulturdezernent Thomas Egger (SPD) übernimmt, soll nun ausgeschrieben werden. Ein sinnfälliges Detail, das das Hü-und-Hott der Stadtpolitik kenntlich macht.

Es scheint, als würden die Stadtoberen nun im Nachhinein Angst vor ihrer Courage bekommen, mit der sie den als unorthodox geltenden Sibelius im Vorjahr aus zahlreichen Intendanz-Bewerbern selbst inthronisiert hatten. Das Votum für Sibelius im Stadtrat war einstimmig. Standen die Zeichen damals auf Aufbruch, stehen sie nicht mal ein Jahr später auf Abbruch: Der Gegenwind, den Sibelius zu spüren bekommt, wird gerade von Tag zu Tag größer. Nur: Einen Neuanfang bekommt man weder zum Nulltarif, noch vollzieht dieser sich ohne Blessuren.

Vieles deutet darauf hin, dass die nicht überraschend kommende Budgetüberschreitung nur das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Schon vor zwei Jahren, nicht lange nach seiner Intendantenkür, hatte Sibelius in Trier tabula rasa gemacht und sämtliche Leitungsstellen sowie fast das gesamte Ensemble ausgetauscht. Abmahnungen, Abfindungen und Entlassungen inklusive. Anschließend vergraulte er mit einem für Trierer Verhältnisse mutigen, ambitionierten Spielplan Teile des Publikums. Dass er zwischenzeitlich ankündigte, in der kommenden Spielzeit wieder mehr bewährte Kost aufzufahren, hat nicht ausgereicht, um die Kuh vom Eis zu holen. Ob Sibelius nun zum Intendanten auf Abruf wird, hängt auch von seinem Standvermögen ab. Die Entschlossenheit, mit der er in Trier antrat, lässt einigen Kampfgeist erwarten.

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