Metall- und Elektroindustrie Saarland steht vor einer Warnstreik-Welle

Saarbrücken · Die IG Metall erhöht den Druck im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie. Nächste Woche gibt es zahlreiche Warnstreiks.

 Das ZF-Getriebewerk in Brandenburg an der Havel ist in dieser Woche bereits bestreikt worden.

Das ZF-Getriebewerk in Brandenburg an der Havel ist in dieser Woche bereits bestreikt worden.

Foto: dpa/Nestor Bachmann

In der Tarifauseinandersetzung der Metall- und Elektroindustrie beginnt in der kommenden Woche die heiße Phase. Mit zahlreichen Warnstreiks und Protest­aktionen will die Gewerkschaft IG Metall ihren Tarifforderungen Nachdruck verleihen. Betroffen werden alle großen Industriebetriebe in der Region sein. Die nächste Verhandlungsrunde im Bezirk Mitte (Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen) ist für Donnerstag, 18. Januar terminiert. Sie findet ab 12 Uhr in der Saarbrücker Saarlandhalle statt.

Die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Geld sowie eine Option zur befristeten Absenkung der Arbeitszeit auf 28 Wochenstunden. Schichtarbeiter, Eltern junger Kinder sowie pflegende Familienangehörige sollen zusätzlich einen Teillohn-Ausgleich erhalten, wenn sie ihre Arbeitszeit reduzieren. Die Arbeitgeber haben bislang Lohnzuwächse von zwei Prozent ab April angeboten. Für die Monate Januar bis März soll es eine Einmalzahlung von 200 Euro geben.

Der 1. Bevollmächtigte der IG-Metall-Verwaltungsstelle Saarbrücken, Hans Peter Kurtz, verteidigte gestern die Forderungen seiner Gewerkschaft. Die angestrebte Entgelt-Erhöhung „ist vollkommen gerechtfertigt“, sagte er gestern vor Journalisten. „Die Gewinne der Unternehmen sprudeln und die Anteilseigner erhalten fette Dividenden. Jetzt wollen auch die Arbeitnehmer ihren Teil vom Kuchen haben.“ Außerdem werde dadurch der Konsum gefördert, was wiederum der Konjunktur zugute käme.

Auch die Forderung nach einen Teillohn-Ausgleich in Kombination mit einer zeitlich befristeten reduzierten Arbeitszeit unterstützt Kurtz „mit Nachdruck“. Dieser tarifpolitische Ansatz werde in den Unternehmen „voll mitgetragen“, versicherten drei Betriebsräte großer saarländischer Autozuliefer-Betriebe. Im Grunde genommen gehe es hierbei darum, dass geklärt werden müsse, wer über die Arbeitszeit bestimmt. Dies könnten nicht immer nur die Arbeitgeber sein. „Die Leute haben es satt, dass stets nur von ihnen Flexibilität bis zum Anschlag verlangt wird“, sagte Matthias Scherer, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender des Automatikgetriebe-Herstellers ZF. „Wenn sie selbst einmal wegen eines privaten Anlasses frei machen wollen, wird ihnen das häufig verwehrt, und wir müssen uns als Betriebsrat einschalten.“

Ähnlich sieht es Reiner Elgas, Betriebsratschef des Kunststoffteile-Herstellers Magna Exteriors, Werk Sulzbach. „Die Arbeit wird immer mehr, doch die Belegschaften wurden ausgedünnt“, so seine Erfahrung. „Diese verfehlte Personalplanung sollen jetzt die Arbeitnehmer ausbaden, indem man ihnen einseitig immer mehr Flexibilität abverlangt.“

„Auch wir arbeiten in St. Ingbert am Anschlag“, erläuterte Roland Marx, Betriebsratsvorsitzender des Autozulieferers Voit. „Regelmäßig wird von den Arbeitnehmern verlangt, dass sie am Wochenende antreten sollen. Für die Wartung der Fertigungsmaschinen bleibt kaum noch Zeit.“ Alle drei Betriebsräte berichteten außerdem von hohen Krankenständen in den Belegschaften. Dies sei auch der häufig dünnen Personaldecke geschuldet. Mehr Arbeitszeit-Souveränität der Arbeitnehmer könne hier Abhilfe schaffen.

 Hans Peter Kurtz

Hans Peter Kurtz

Foto: Pasquale D'Angiolillo

Wer wegen Kindererziehung oder eines Pflegefalls in der Familie für zwei Jahre seine Arbeitszeit reduziert, soll einen Teillohn-Ausgleich von 200 Euro pro Monat erhalten. Die Arbeitgeber sagen, dies sei ungerecht gegenüber denen, die bereits in Teilzeit arbeiten, weil diese dann weniger Geld hätten. Die IG Metall hält eine Klärung dieses Problems jedoch für möglich.

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