Tesla baut Werk in Brandenburg Eine „Elektro-Gigafabrik“ für Deutschland

Saarbrücken/Berlin · Völlig überraschend ließ Tesla-Chef Elon Musk am Dienstagabend die Bombe platzen: Der neue Europa-Standort für Elektroautos und Batterien kommt nach Brandenburg. Und nicht ins Saarland – wie man hierzulande bis zuletzt gehofft hatte.

 Tesla-Chef Elon Musk liebt spektakuläre Auftritte, wie hier bei der Vorstellung des Tesla Model 3 auf dem Fabrikgelände in Fremont in Kalifornien. Jetzt verkündete er die nächste Sensation: Künftig will Tesla auch in Deutschland Elektroautos herstellen – nicht im Saarland, sondern in Brandenburg.

Tesla-Chef Elon Musk liebt spektakuläre Auftritte, wie hier bei der Vorstellung des Tesla Model 3 auf dem Fabrikgelände in Fremont in Kalifornien. Jetzt verkündete er die nächste Sensation: Künftig will Tesla auch in Deutschland Elektroautos herstellen – nicht im Saarland, sondern in Brandenburg.

Foto: dpa/Andrej Sokolow

(SZ/dpa) Alles begann mit einem Tweet. Im Juni 2018 kündigte Tesla-Chef Elon Musk an, Deutschland komme als möglicher Standort für eine Batteriefabrik in Europa in Frage. Auf die Nachfrage eines Followers wurde Musk konkreter: „Vielleicht ist es sinnvoll an der deutsch-französischen Grenze in der Nähe der Benelux-Länder.“ Das ließen sich die politisch Verantwortlichen im Saarland nicht zweimal sagen. Auf den Tweet folgte ein Brief. Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und seine Stellvertreterin Anke Rehlinger (SPD) warben für das Saarland als Standort für die Elektroautos und Antriebsbatterien der Zukunft. Vergeblich. Der Traum von der „Gigafactory“ an der Saar ist jetzt offiziell geplatzt. Seit diesem Mittwoch ist klar: Brandenburg hat den Zuschlag bekommen. Die Wirtschaftsministerin ist enttäuscht, der Ministerpräsident versucht, selbstbewusst zu trösten: „Die Firma Tesla ist heute längst nicht mehr der einzige Player auf dem Gebiet.“ Sprich: Andere Konzernmütter haben auch schöne Söhne. Natürlich sei es trotzdem schade, dass die Tesla-Autos jetzt woanders vom Band rollen werden.

Wo genau man sie im Saarland hatte bauen wollen, bleibt auch am Tag des geplatzten Traumes geheim. „Streng vertraulich“ seien die Gespräche mit dem US-Konzern gewesen, sagt Julian Lange, Sprecher des Saar-Wirtschaftsministeriums. Nur so viel: Die Größe der „Gigafactory“ sei wohl das Haupt-Ausschlusskriterium für das Saarland gewesen. Eine offizielle Begründung für die Abfuhr blieb der Konzern dem Ministerium schuldig.

Auch zum auserwählten Standort ist noch einiges unklar: unter anderem, wo genau die Halle, die ab 2021 in Betrieb gehen soll, stehen wird. Zur Fläche gab es auch keine genauen Angaben. Was man bislang weiß: Die E-Auto-Prestigefabrik soll in der knapp 9000-Seelen-Gemeinde Grünheide, rund 35 Kilometer südöstlich von Berlin, entstehen. Dort will Tesla, nahe dem geplanten Hauptstadtflughafen BER, neben Batterien und Antrieben auch ganze Fahrzeuge bauen. Konkret den Kompakt-SUV Model Y. Wie der ADAC auf seiner Webseite schreibt, soll der Sportgeländewagen mit einer Batterieladung bis zu 480 Kilometer durchhalten können. Das Tesla Model S, seit 2012 auf dem Markt, bringt es auf bis zu 632 Kilometer Reichweite, ist aber auch zweimal so teuer. Basispreis für die künftigen Modelle aus Brandenburg: rund 40 000 Euro. Massentauglich? Wird sich zeigen. Wie so vieles, was auf einer Sensationsankündigung von Elon Musk beruht.

Herausgeplatzt mit der Nachricht war er denn auch völlig überraschend am Dienstagabend bei der Verleihung des „Goldenen Lenkrads“ von Auto Bild und Bild am Sonntag in Berlin. Mit Details blieb er sparsam, twitterte nur zwei Worte an die 29 Millionen Follower: „Giga Berlin“. Gigantisch also. Die geplante Fabrik soll bis zu 7000 Arbeitsplätze schaffen. Noch weitere sollen im ebenfalls geplanten Ingenieurs- und Designzentrum direkt in Berlin entstehen. Die Begründung für die Standortwahl: „Deutschland baut großartige Autos.“ Das findet auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der gebürtige Saarländer sprach am Mittwoch von einem „Meilenstein“ für den Ausbau der Elektromobilität. Auf die SZ-Anfrage, ob der Minister als Saarländer das Nein zu seiner Heimatregion nicht auch ein wenig bedauere, verweist das Wirtschaftsministerium lediglich darauf, dass vom Standort in Brandenburg „ganz Deutschland profitieren“ werde. Arbeitsplätze würden dank Musks „Gigafactory“ überall gesichert. Mehr Trost gibt es für die Heimat also nicht. Auch keine Aussicht auf Zulieferaufträge. Auf die kann nach bisherigen Erkenntnissen jetzt nur Nordrhein-Westfalen hoffen. Der Standorttraum war dort am Mittwoch ebenfalls geplatzt – genauso in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.

Brandenburg hatte laut Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) etwa sechs Monate mit Tesla verhandelt. Woidke sieht in der Fabrik ein Projekt mit Signalwirkung für Europa. „Das erste Mal gelingt es, hier bei uns in Brandenburg zu zeigen, dass Klimaschutz und Schaffung von Wohlstand und Arbeitsplätzen Hand in Hand gehen können.“ Brandenburg sei deutschlandweit bei der Erzeugung erneuerbarer Energien pro Fläche und Einwohner vorn. Die Ansiedlung „bedeutet eine der größten Investitionen in der Geschichte unseres Landes“. Eine Investition, mit der Tesla auch direkt ins Hoheitsgebiet von VW, BMW und Daimler vorrückt. Das dürfte den Druck auf die Autoindustrie erhöhen, beim Zukunftsthema E-Mobilität in die Gänge zu kommen.

Und im Saarland? Hierzulande ist die Abfuhr zugleich Ansporn, sich auf die Möglichkeiten jenseits der E-Mobilität zu konzentrieren. Das Wirtschaftsministerium will jetzt erst recht – also „graadselääds“ – alles daran setzen, um die „Modellregion Wasserstoff“ voranzutreiben.

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