Energiewende Saarländisches Ackerland für mehr Solarstrom

Saarbrücken/Ensdorf · Das Land will Solarkraftwerke auf Feldern und Wiesen möglich machen. Bergbau-Flächen geraten bei der Energiewende ins Abseits.

 Stromanbau: Auf den Feldern des Linslerhof bei Überherrn entstand 2012 das größte Solarkraftwerk des Saarlandes.

Stromanbau: Auf den Feldern des Linslerhof bei Überherrn entstand 2012 das größte Solarkraftwerk des Saarlandes.

Foto: rup/Rolf Ruppenthal

Das Saarland will bei der Förderung von Sonnenenergie nicht den Anschluss verlieren. Die große Koalition von CDU und SPD plant deshalb, landwirtschaftliche Flächen mit geringem Ertrag für große Solarstrom-Kraftwerke freizugeben. Es soll um maximal 200 Hektar gehen – weniger als ein Prozent des in Frage kommenden Landes. Stefan Rauber, Energie-Abteilungsleiter im Saar-Wirtschaftsministerium, skizzierte die Pläne am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion des Bergbaukonzerns RAG in Ensdorf.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erlaubt den Bundesländern seit dem vergangenen Jahr, auch Ackerland für Solaranlagen anzubieten. Allerdings muss es sich um Flächen handeln, deren Bewirtschaftung einen niedrigen Ertrag bringt – um benachteiligte Gebiete, so der Fachbegriff. Im Saarland stehen der Landwirtschaft insgesamt 87 000 Hektar zur Verfügung. Gut zwei Drittel davon gelten als „benachteiligt“. Bundesweit liegt die Quote nur bei 50 Prozent. Bayern hatte darauf gedrängt, dass die Länder solche Felder und Wiesen auf dem Weg über Verordnungen für die Energiewende nutzbar machen dürfen.

Wer eine Solarstrom-Anlage größeren Maßstabs betreibt, erhielt in der Vergangenheit eine feste Vergütung für seinen Strom. Das sorgte über Jahre für eine Goldgräberstimmung auf dem Markt. Doch diese Zeiten sind spätestens seit 2017 vorbei. Eine Novelle des EEG schuf ein neues System. Über die Höhe der Vergütung wird nun in Ausschreibungen entschieden. Der Wettbewerb soll die Energiewende billiger machen.

Beim Sonnenstrom gab es in den bisherigen Fassungen des EEG für große Anbieter nur sicheres Geld für wenige Flächentypen: versiegelte Flächen, Seitenstreifen von Autobahnen und Gleisen sowie Konversionsflächen, also Brachen, die einer neuen Nutzung harrten – wie im Saarland als früherer Montanregion. Nun sollen Ackerflächen den Spielraum vergrößern. Die Regierungen von Bayern und Baden-Württemberg gaben für diese Ausweitung schnell grünes Licht. Mit einigem Erfolg: Bei den Ausschreibungen im Juni und Oktober letzten Jahres entfiel mehr als die Hälfte der Zuschläge auf landwirtschaftliche Flächen in diesen Regionen. Vor allem Bayern räumte ab. Aus dem Saarland gab es in beiden Runden nur ein einziges Gebot – aber keinen Zuschlag.

Danach prüften mehrere Länder eigene Verordnungen. Im vergangenen Herbst arbeitete aber nur das Saarland an einem Papier. Das ergab damals die Umfrage eines Branchendienstes der Solarwirtschaft. Das Haus von Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) übernahm dabei die Federführung, unter Beteiligung der Ressorts für Inneres und Umwelt. Interessenverbände aus Naturschutz und Landwirtschaft waren ebenso eingebunden wie Anlagenbetreiber und das Landesdenkmalamt. Doch beschlossen ist die Verordnung noch lange nicht. Am 19. Juni wird sich das Kabinett von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) erstmals damit befassen. Danach wird es Anhörungen mit Betroffenen geben.

Die Inhalte der Verordnung sind im Detail noch nicht bekannt. Allerdings deutete Stefan Rauber aus dem Wirtschaftsministerium in Ensdorf die Leitlinien bei der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen an. Die Kommunen sollten autonom entscheiden können, sagte er. Es ist davon auszugehen, dass die Verordnung einen Großteil des grundsätzlich interessanten Ackerlandes ausschließen wird, weil zum Beispiel der Naturschutz greift oder Bodendenkmäler vorhanden sind. Was übrig bleibt, würde den Betreibern von Solaranlagen zur Verfügung stehen – aber nur dann, wenn Städte und Gemeinden zustimmen. Wobei die Flächennutzung laut Rauber die Marke von 200 Hektar nicht überschreiten soll. Das entspricht nach der Einschätzung von Experten einer Stromleistung von 100 Megawatt.

Die Frage ist: Reicht das? 2011 stellte das Saarland einen Masterplan für die Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Quellen vor. Damals regierte die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen. Das Umweltministerium führte Simone Peter, später Bundesvorsitzende der Grünen. Der Plan sah vor, bis 2020 auf 20 Prozent sauberen Strom zu kommen. Rauber machte in Ensdorf zwei Rechnungen auf: Klappt es mit Maßnahmen wie der Solar-Verordnung nicht, läge man in zwei Jahren bei 18,4 Prozent. Ansonsten bei 20,2 Prozent – knapp über der Zielmarke.

Fest steht: Von der Verordnung könnte ein Unternehmen wie die RAG Montan Immobilien (RMI) profitieren. Die Grundstücksgesellschaft des RAG-Konzerns herrscht im Saarland über 2000 Hektar. Bei einem Viertel handelt es sich um landwirtschaftliche Flächen. „Ein großer Teil eignet sich für Photovoltaik“, sagte RMI-Prokurist Rudolf Krumm. Anders sieht es gegenwärtig bei Halden oder Absinkweihern aus – den Konversionsflächen des Bergbaus. Sie besitzen laut Krumm „einen großen Kostennachteil“ gegenüber den Agrarflächen. Mehr als das: In den Ausschreibungen, die das EEG heute vorschreibt, kann die RMI mit ihren ehemaligen Bergbauflächen nicht punkten. „Deshalb geht die Folgenutzung durch Photovoltaik ganz stark dem Ende zu“, sagte Krumm.

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