Fleischliche Innovation Die Wurst, die aus der Blechbox kommt

Saarbrücken-Klarenthal · Der Maschinenbauer Günther Dillmann verbaut alles, was ein Metzger braucht, in Container. Er sieht darin die Zukunft für Wurst, Schinken & Co.

 Würste aus dem Container: Günther Dillmann baut die kompakten Metzgereien zusammen.

Würste aus dem Container: Günther Dillmann baut die kompakten Metzgereien zusammen.

Foto: Andreas Engel

Eine Wurstküche im Container? Wenn es nach Günther Dillmann geht, ist das die Zukunft der Metzgereiwirtschaft. Der Metzgerei-Zulieferer, der mit seiner Firma DMS Lebensmittelmaschinen in Klarenthal Metzgereien unter anderem mit riesigen Fleischwölfen, Wurstfüllern, Mischern oder Hamburger-Pressen ausstattet, setzt bei seinen Zukunftsplänen verstärkt auf die mobile Herstellung von Wurst, Fleischkäse & Co.

„Viele Metzgereien sind mit ihren Produktionsräumen in die Jahre gekommen“, sagt Dillmann. Erweiterungen würden häufig an Bau- oder Denkmalschutzvorschriften scheitern. Dillmann sieht die Lösung deshalb in mobilen Container-Metzgereien, die ganz nach Bedarf nur eine Produktion oder ein Komplettsystem mit Kühlung umfassen können. Aktuell hat er eine solche Anlage auf seinem Hof in Klarenthal stehen. Eine Wurstproduktion auf 95 Quadratmetern – mit mehreren Kühlungen, der Wurstverarbeitung bis hin zu Räucheröfen, in denen die Produkte innerhalb eines Tages die Herstellung bis zum Verkauf durchlaufen. „Alles was man dafür braucht, sind Strom, Wasser und Abwasser“, sagt der Unternehmer.

Dass sein Konzept keine Träumerei ist, zeigt das bereits bestehende Interesse an den Anlagen. Die neun Container-Module, die gerade in Klarenthal für einen Probebetrieb aufgebaut worden sind, gehen Mitte März nach Charkiw in der Ukraine. Dort will ein Fleischereikonzern eine Wurstküche mit Verkaufseinheit in den Containern etablieren. Weitere Anlagen seien vom Kunden bereits avisiert.

Seit 35 Jahren konstruiert der Maschinenbauer Dillmann Anlagen für Metzgereien. Eigenen Angaben zufolge zählen mehrere große Einzelhändler wie Real, Rewe und Edeka zu seinen Kunden. Und bei diesen kommen die Container-Anlagen auch bereits zum Einsatz. Als mobile Metzgereien, wenn die normale Produktion renoviert werden muss. „In so einem Fall steht die Produktion schon mal mehrere Monate still“, sagt Dillmann. Mit dem Risiko, dass die Kunden auf andere Geschäfte ausweichen. Mit Container-Produktionen könnten die Supermärkte aber die Bauzeit überbrücken.

„Die Idee für die Container-Anlagen hatte ich schon in den 1990er Jahren“, sagt Dillmann. „Damals habe ich einige Module für den russischen Markt produziert.“ Vor drei Jahren sei dann erneut eine Anfrage nach einer ähnlichen Lösung gekommen. Diesmal als Mietmodell während eines Umbaus. Ein Erfolgskonzept, sagt Dillmann. „Aktuell haben wir 18 Container im Einsatz, die wir an verschiedene Kunden vermieten.“ Eine Container-Anlage gehe aktuell erst nach Regensburg, dann nach Parchim und später nach Wismar.

Zwei Geschäftsmodelle hat der Maschinenbauer aus dem Saarland: Auf der einen Seite vermietet er Container-Anlagen inklusive des Maschinenparks, auf der anderen Seite konstruiert er auf Kundenwunsch Produktionsstrecken nach Maß, die dieser dann kauft. Für die Ukraine seien beispielsweise ganz besondere Anforderungen nötig gewesen, denn die Materialien müssten auch Temperaturen bis Minus 35 Grad Celsius aushalten. „Da wird normales Plastik brüchig.“

Rund 600 000 Euro sind für eine Anlage wie die für die Ukraine fällig. Ohne Kühlräume und Räucher-Schränke sei es schon deutlich preiswerter, sagt der Unternehmer, der pro Jahr vier große und acht kleinere Anlage pro Jahr bauen will. Und auch seine Miet-Container-Flotte will er aufstocken: von 18 auf insgesamt 40 Container.

Finanziert werde das alles aus dem Eigenkapital, sagt Dillmann. 7,1 Millionen Euro Umsatz habe seine Firma mit rund 30 Mitarbeitern im vergangenen Jahr gemacht. Liquide Mittel seien ausreichend vorhanden. Die Container bezieht er aus Asien, wo sie zuvor nur auf dem Weg nach Europa im Einsatz waren. „Wir bauen sie dann so um, dass sie den Arbeitsplatz- und Hygienevorschriften genügen.“ Die Container seien so konstruiert, dass sie problemlos in mehreren Modulen mit oder ohne Türen aneinandergefügt werden könnten. Aktuell gehe es auch darum, die Arbeitsprozesse bei der Fertigung so zu standardisieren, dass die Container günstiger umgebaut werden könnten.

Der Unternehmer sieht in diesem Markt großes Wachstumspotenzial. „Container sind eine finanziell erschwingliche Produktionsmöglichkeit – und sie sind flexibel.“ So manch eine Metzgerei werde sich vor einer Investition überlegen, ob sie in alte – und oft gemietete – Bausubstanz investiert oder eben in eine mobile Anlage. Engpässe sieht er derzeit nur in der Produktion: „Es fehlt vor allem an Fachkräften. Aktuell suche ich Elektriker, Schlosser und Sanitärfachleute. Die sind aktuell aber kaum zu bekommen“, sagt er.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort