Debatte im Landtag Keine Enteignung bei Neuer Halberg Guss

Saarbrücken · Der Landtag lehnt einen Gesetzesentwurf der Landtagsfraktion „Die Linke“ ab. Das Unternehmen erwartet keinen schnellen Verkauf.

 Oskar Lafontaine (Die Linke) warb gestern für eine gesetzliche Enteignungslösung bei der Neuen Halberg Guss.

Oskar Lafontaine (Die Linke) warb gestern für eine gesetzliche Enteignungslösung bei der Neuen Halberg Guss.

Foto: BeckerBredel

Mit dem Vorstoß, eine Enteignung bei der Neuen Halberg Guss (NHG) auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, ist die Linken-Fraktion im Landtag gestern gescheitert. Die große Mehrheit sprach sich gegen einen entsprechenden Gesetzesentwurf aus. Dabei hatte Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine sein Vorhaben nicht nur als verfassungsgemäß, sondern im Sinne der Verfassung sogar als zwingend bezeichnet. Lafontaine zitiert dazu Artikel 44 und 45 der saarländischen Verfassung: „Jeder Missbrauch wirtschaftlicher Machtstellung ist unzulässig“ und „Die menschliche Arbeitskraft genießt den Schutz des Staates“. Beides sei im Falle NHG jedoch nicht gewährleistet. Vielmehr werde bei der Neuen Halberg Guss „kriminell gehandelt“, sagte Lafontaine. „Das will ich für meine Fraktion feststellen.“ Wer mutwillig ein Auto zerstöre, werde strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen, sagte der Linken-Fraktionschef. Wer mutwillig Arbeitsplätze zerstöre, müsse ebenso zur Rechenschaft gezogen werden.

Dass Enteignung in unserer Gesellschaft möglich ist, auch dafür gebe es ausreichend Beispiele: „Wenn in einem Ort eine Leitung für die Ver- oder Entsorgung verlegt werden muss, wenn eine neue Straße gebaut werden muss, dann ist Enteignung selbstverständlich.“ Und auch in der Bankenkrise habe der Bundestag ein Enteignungsgesetz beschlossen. „Sind 1500 Arbeitsplätze nicht so schützenswert wie der Banksektor? Sind sie regional nicht ebenso bedeutend wie eine lächerliche Bank wie die IKB?“ Er glaube nicht, dass Prevent als Mutterunternehmen noch geeignet ist, eine Eigentümerfunktion bei der NHG zu übernehmen.

Lafontaine wehrte sich auch gegen das Argument, der Staat sei ein schlechter Unternehmer. Gerade der chinesische Staat beweise vor Ort, dass es gelingen kann, über staatliches Engagement saarländische Unternehmen zu retten. „China rettet Weiterverarbeitungsbetriebe, während wir aus ideologischer Befangenheit glauben, dass wir solche Schritte nicht gehen können.“

Von den übrigen Fraktionen allerdings bekam Lafontaine mit seiner Argumentation deutlichen Gegenwind. Marc Speicher (CDU) sprach zwar den Beschäftigten der NHG die Solidarität des Landtags aus, doch den Vorstoß zu einer Enteignung bezeichnete er als „Scheinlösung“, als eine „Antwort von gestern auf die Fragen von heute“. Speicher hielt als Replik eine Lobrede auf die Soziale Marktwirtschaft – das Erfolgsmodell, das „Grundlage unseres Wohlstands“ sei, auch wenn es Auswüchse gebe. Auf diese Auswüchse, wie aktuell bei Halberg Guss müsse die Politik nun Antworten finden. Unter anderem sei es nötig, die Mitbestimmungsrechte zu stärken.

Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) fuhr deutlich schwerere Geschütze auf. Als „verantwortungslos“ und „völlig inakzeptabel“ bezeichnet sie die Enteignungsforderung, die aus ihrer Sicht auch „rechtswidrig“ ist. Es mache sie tatsächlich wütend, dass es bei der NHG nicht gelungen sei, die Profitgier den Interessen des Unternehmens unterzuordnen. „Aber mit Emotionen können wir keine Lösungen erreichen“, sagte sie. Stattdessen brauche es Realitätssinn. Und die Landesregierung tue alles, um eine Lösung herbeizuführen. Dass es diese bisher nicht gebe, sei tatsächlich „unzufriedenstellend“. Aber Staatssekretär Jürgen Barke (SPD) sehe realistische Chancen für einen Eigentümerwechsel. Entsprechend sieht auch Hans Peter Kurtz (SPD) „grünes Licht am Horizont“ nach Wochen des Kampfes zwischen der NHG und der IG Metall, deren erster Bevollmächtigter Kurtz in Saarbrücken ist. Kurtz sieht, ebenso wie Lutz Hecker von der AfD, das Problem, dass eine Enteignung mit erheblichen rechtlichen Komplikationen einhergehen würde. „Wir brauchen aber Rechtssicherheit. Wir können nicht Jahre warten. Wir brauchen eine schnelle Lösung“, sagte Kurtz.

Eine Lösung für die NHG fordern auch die Kunden. Die Tatsache, dass auch Kaufverhandlungen, „die einen Ausweg für die NHG und deren Kunden geboten hätten, weiterhin stagnieren, zeigt nicht nur mangelnde Verantwortungsübernahme, sondern grenzt anderen Verweigerung“, schreibt der Deutz-Vorstandschef Frank Hiller in einem Meinungsbeitrag.

Die Neue Halberg Guss macht derweil wenig Hoffnung auf eine schnelle Verkaufslösung: „Es laufen mit verschiedenen Interessenten Gespräche“, teilte ein Sprecher mit. „Bislang wurden eher vage Absichtserklärungen mit vielen aufschiebenden Bedingungen abgegeben, ein unterschriftsreifer Vertrag liegt noch nicht vor.“

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