Computermesse Saar-Denkfabriken stellen sich auf der Cebit vor

Hannover/Saarbrücken · Roboter reichen Getränke, füllen Steuerformulare aus – und Studenten gründen Startups. So zeigt sich die Saar-Forschung auf der Cebit.

 DFKI-Forscher Tim Schwartz mit einem neu konzipierten Roboter, der auf Wunsch auch Kaltgetränke reicht.

DFKI-Forscher Tim Schwartz mit einem neu konzipierten Roboter, der auf Wunsch auch Kaltgetränke reicht.

Foto: low

Ein neuer Studiengang, bei dem die Gründung einer eigenen Firma mit auf dem Stundenplan steht und ein Roboter, der auf Wunsch ein Erfrischungsgetränk mitbringt, wenn er für die Produktion benötigte Teile aus dem Lager holt. Das sind zwei Neuheiten, die saarländische Einzelaussteller auf der Computermesse Cebit in Hannover präsentieren. Diese beiden „Einzelaussteller“ sind in Wahrheit große Denkfabriken aus dem Umfeld der Saar-Universität, nämlich das Institut für IT-Sicherheit, Cispa (das künftige Helmholtz-Centrum), und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).

Der Roboter, der Schrauben, Bolzen oder Scheiben an den Produktionsplatz bringt, „ist Mitglied eines hybriden Fertigungsteams“, erläutert DFKI-Chef Professor Wolfgang Wahlster. Roboter sollen lernen, mit Menschen Hand in Hand zu arbeiten. Industrielle Partner des vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts sind der Autozulieferer ZF und der Maschinenteile-Fertiger Festo. Chef bei diesen gemischten Teams „ist der Mensch, er weist den Roboter ein“, sagt Wahlster. Das soll auch gelten, wenn die Zusammenarbeit noch weiter verfeinert wird.

Stupide Sachbearbeitung, bei der beispielsweise Steuerdaten aus Formularen in Computerprogramme übertragen werden, „kann künftig auch eine Maschine erledigen“, sagt der DFKI-Chef. Am Stand in Hannover wird dies anhand der Aufforderung zur Gewerbesteuer-Zahlung demonstriert. RPAi heißt der Sachbearbeitungsroboter, der aus dem Brief an die steuerpflichtige Firma „relevante Informationen wie die Höhe der Steuerschuld, die Fälligkeit oder den Hebesatz herauszieht und in das Erfassungssystem der Kommune überträgt. Dabei ist es egal, welche Software die jeweilige Stadt oder Gemeinde benutzt“, sagt Wahlster. Bei diesem Projekt arbeitet das DFKI mit der WTS Group zusammen, nach eigenen Angaben Deutschlands größte Steuerberatungsgesellschaft. „In diesem Anwendungsgebiet der künstlichen Intelligenz, der Tax 4.0, sehen wir ein großes Potenzial“, sagt WTS-Vorstandschef Fritz Esterer.

Den Cispa-Studiengang, der IT-Sicherheit und eine Firmengründung kombiniert, wird von Professor Andreas Zeller betreut. Er heißt „Entrepreneurial Cybersecurity“, startet im Wintersemester mit 30 Studierenden und schließt mit einem Master ab. Neben den Vorlesungen über Cybersicherheit „müssen jeweils drei Studenten ein Team bilden, das die Aufgabe hat, eine Geschäftsidee während des Studiums zur Marktreife zu bringen“, sagt Zeller. Wie weit sie mit ihrer Firmengründung sind, „müssen sie regelmäßig einer Jury vortragen, die zunächst aus Wissenschaftlern besteht, später aber durch potenzielle Investoren oder Unternehmensberater ergänzt wird“, sagt der Cispa-Hochschullehrer. „Jede Geschäftsidee wird unter die Lupe genommen.“

Intensiv unter die Lupe nimmt Cispa-Forscher Mario Fritz Fotos, die Nutzer mit ihrem Smartphone geknipst und ins Internet hochgeladen haben. Zusammen mit dem Saarbrücker Max-Planck-Institut für Informatik entwickelt er eine Software, die auf Bildelemente hinweist, „die man vielleicht nicht öffentlich gemacht haben will“. 58 Kriterien hat Fritz seinem „Visual Privacy Adviser“ beigebracht. So warnt er zum Beispiel davor, dass das Nummernschild lesbar ist, wenn sich der stolze Besitzer neben seinem neuen Auto fotografieren lässt. Derzeit ist die Software-Entwicklung noch in vollem Gang, doch Fritz hofft, dass in zwei Jahren daraus ein marktfähiges Produkt wird.

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