Roaming-Gebühren Die letzte Barriere für den digitalen Binnenmarkt fällt

Roaming-Gebühren – das Wort wirkt seit rund zehn Jahren wie ein Symbol für europäischen Verbraucherschutz. Unvergessen bleibt der Ausspruch der früheren EU-Kommissarin Neelie Kroes, die einmal sagte: „Bezahlen, wenn man angerufen wird – wo gibt’s denn sowas?“ In der EU gab es das. Ein beispielloses Flickwerk, zusammengeschustert von Ländern, die zwar einen Binnenmarkt wollten, ihn aber nur zögernd verwirklichten. So entstand eine sprudelnde Einnahme-Quelle für Mobilfunk-Unternehmen, die daraus über viele Jahre hinweg die ehrgeizigen Pläne zum Aufbau eines modernen Netzes finanzierten.

Roaming-Gebühr wird abgeschafft
Foto: Lorenz

Die Brüsseler Kommission agierte dabei nicht immer glücklich. Zeitweise schien sie sogar bereit, ihr Ziel einer Abschaffung der Auslandszuschläge aufzugeben und sich dem Druck der Konzerne zu beugen. Die wehrten sich massiv dagegen, dass Brüssel ihre Preise zuerst deckelte und jetzt die Zuschläge tatsächlich streicht. Denn andererseits sollen die Provider ja weiter in moderne Datenleitungen für mobiles Surfen investieren. Die Erwartung an ein überall verfügbares Hochgeschwindigkeits-Internet für Smartphones bis 2025 steht im Raum. Wer das bezahlen soll, ist unklar.

Dennoch war es eben dieser Kampf gegen Großunternehmen, der für die EU auf der Haben-Seite verbucht wurde. Wer sonst hätte den Konzernen Druck machen können? Und dabei geht es nicht nur um eine freundliche Geste für den Urlauber, der von Mallorca aus die ersten Schnappschüsse an die Lieben zu Hause schicken will. Viel wichtiger sind die Einsparungen für Betriebe, deren Mitarbeiter oft wochenlang quer durch die EU-Staaten unterwegs sind und funktionierende, schnelle, mobile Datenverbindungen brauchen. Für sie summierten sich die Zuschläge fürs Arbeiten und die Erreichbarkeit in der europäischen Nachbarschaft auch schon mal auf Millionenbeträge. Das minderte die Wettbewerbsfähigkeit und erzeugte Kostendruck, den man durch Einsparungen an anderer Stelle ausgleichen musste.

Jetzt ist Europa auf dem Weg zu einem digitalen Binnenmarkt. Die Abschaffung der Roaming-Zuschläge ist dabei keine Lappalie, sondern ein deutliches Signal: Die Gemeinschaft hat die Herausforderung verstanden und ist bereit, die Lösungen durchzusetzen – auch gegen die Interessen der Mobilfunk-Konzerne. Die müssen  den Verbrauchern inzwischen übrigens auch transparente Abrechnungen schreiben, dank Brüssel.

Dass dies erst ein Anfang sein kann, sollte jedem klar sein. Inzwischen bastelt die Kommission an einem modernen Urheberrecht, damit bezahlte Abos für Streaming-Datenbanken überall genutzt werden können. Die Vergütung von Künstlern und Autoren für ihre Werke muss geregelt werden. Denn Geoblocking, also das Sperren von Angeboten für bestimmte Regionen, gehört in die digitale Steinzeit. Ob Privatmann, Geschäftsfrau oder Unternehmen – nur wer durchgehend mobil sein kann, generiert auch Umsätze. Diese Erkenntnis mag zwar erzieherisch beängstigend wirken. Wirtschaftlich bleibt sie aber notwendig. Und Europa muss in dieser Hinsicht vorankommen.

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