Rembrandt aus dem Rechner

Saarbrücken/Amsterdam · 346 Gemälde von Rembrandt sind die Basis für das 347., das gar nicht vom holländischen Meister stammt: Kunsthistoriker und Informatiker haben seine Werke analysiert und aus den Daten etwas Neues geschaffen.

 Das Gemälde „The Next Rembrandt“. Foto: van Lonkhuijsen / dpa

Das Gemälde „The Next Rembrandt“. Foto: van Lonkhuijsen / dpa

Foto: van Lonkhuijsen / dpa

Rembrandt (1606-1669) ist zurück - mit einem neuen Werk. Allerdings kommt das Gemälde, zusammengesetzt aus 168 263 seiner Bildfragmente, nun in 148 Millionen-Pixel-Auflösung aus einem 3D-Drucker. Nennt man so etwas heute computergenerierte Kunst? Oder soll uns das sagen, dass Algorithmen die wahren Götter unserer Zeit sind? Solche, die nach Belieben Genies herzaubern können?

Hinter dem Rembrandt-Fake steckt Microsoft: Gemeinsam mit Kunsthistorikern des Amsterdamer Museums Het Rembrandthuis und des Mauritiushuis Den Haag sowie Informatikern der Delfter University of Technology hat ein Team von Microsoft "The Next Rembrandt" auf der Basis von 346 Originalgemälden des niederländischen Barockmeisters montiert. Die Idee dahinter: Wenn man nur alle verfügbaren Bilddaten (unglaubliche 15 Terrabyte in dem Fall) zusammenpackt und von einer ausgeklügelten Software auswerten lässt, ist Rembrandts Malgestus perfekt simulierbar, so dass der Künstler gewissermaßen überflüssig wird. Seine hinterlegten Spuren ergeben einen digitalen Selbstbedienungsladen, der Informatiker zu idealen Epigonen macht. Eine technoide Wiederauferstehungslehre, wenn man so will.

Ein Werbefilm der Agentur J. Walter Thompson (zu sehen unter www.nextrembrandt.com ) illustriert die vermeintliche Wiedergeburt Rembrandt van Rijns aus der analogen Mottenkiste. Demnach ergab sich aus der Einspeisung aller verfügbaren Vorlagen (statistisch aufbereitet nach Aspekten wie Kompositonstechnik, Sujets oder Bildaufbau, Maltechnik, Farbauftrag und Lichtverhältnisse), dass die größte Schnittmenge im Falle Rembrandts einen bärtigen Mann mittleren Alters mit Hut und weißer Halskrause im charakteristischen "Rembrandtlicht" zeigt (in Film und Fotografie eine stehende Wendung, die eine Vermählung seitlichen Lichts mit Flächen im Halb- oder Volldunkel bezeichnet). Ron Augustus von Microsoft drückt es so aus: "Wir haben die Technologie und die Daten so benutzt wie Rembrandt seine Farben und Pinsel, um etwas Neues zu schaffen."

Allein die Gesichts-Scannerprogramme spuckten 60 unterschiedliche Kriterien zur Analyse der Gesichtsproportionen in Rembrandts Porträtmalerei aus. Das am Ende in 13 Farbschichtprozessen erstellte Druckergemälde ist beachtlich: Das synthetische Porträt wirkt auf den ersten Blick nach des Meisters Hand. Und was haben wir nun davon? "What's next?" - was kommt als Nächstes? - hallt es am Ende des Promofilms nach. Die Frage klingt eher beunruhigend

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