Raubkunst finanziert den Terror mit

Mainz · Der Terror finanziert sich auch mit dem Verkauf von Raubkunst. Deutschland sei da auf einem Auge blind, kritisiert der Mainzer Kriminalarchäologe Müller-Karpe. Was bringt ein neues Gesetz?

Bei der Kontrolle des Antikenhandels versagen die Behörden laut dem Kriminalarchäologen Michael Müller-Karpe oft und ermöglichen so indirekt die Mitfinanzierung von Terror wie zuletzt in Brüssel. "Deutschland ist zu einer Drehscheibe für den Handel mit Raubkunst geworden", sagte der Mainzer Experte, der den Kulturausschuss des Bundestages berät. "Tausende antike Kulturgüter, die hier ohne Herkunftsnachweise verkauft werden, können in aller Regel nur aus Plünderungen stammen." Auf ein Schreiben an alle zuständigen deutschen Behörden mit der Bitte, keine Ausfuhrgenehmigungen mehr auszustellen für Antiken ungeklärter Herkunft, bei denen mit "Blutantiken" zu rechnen sei, gebe es nach vier Monaten keine Antwort.

Deutsche Behörden schauten bei dieser Hehlerei meist weg und förderten sie mit dem unbedachten Ausstellen von Ausfuhrdokumenten unter Umständen sogar. Und das geplante deutsche Kulturgutschutzgesetz verschlimmere die Lage noch. Denn "künftig sollen Raubgrabungsfunde, auch ‚Blutantiken', die vor 2007 nach Deutschland gelangten, nicht mehr als illegal eingeführt gelten", kritisierte der Archäologe des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM) in Mainz. "Sie befänden sich damit ab sofort rechtmäßig in Deutschland, könnten hier weiter ungeniert gehandelt werden und auch, versehen mit deutschen Exportdokumenten, ausgeführt werden."

Die Lobby des Kunsthandels sei einflussreich. Zudem sollten wohl Museen vor Ansprüchen der Herkunftsländer geschützt werden, sagte Müller-Karpe. "Auch die Archäologie spricht nicht mit einer Zunge. Wir sitzen selbst im Glashaus. So mancher von uns hat in der Vergangenheit nicht genau hingeschaut, woher antike Kulturgüter kommen, sondern sie vermeintlich für die Wissenschaft gerettet."

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