Ausbau der Windkraft lässt nach Offshore-Branche fürchtet die Flaute

Berlin · Die deutsche Windkraft-Industrie möchte doppelt so viele Windräder bauen als bisher und fordert von der Politik eine Kehrtwende.

 Neue Windparks auf See finanzieren sich inzwischen ohne Förderung aus der Ökostrom-Umlage.

Neue Windparks auf See finanzieren sich inzwischen ohne Förderung aus der Ökostrom-Umlage.

Foto: dpa/Jens Baºttner

Die Windenergie auf See, die vor knapp zehn Jahren mit dem Projekt Alpha Ventus vor der Ems-Mündung überhaupt erst begann, ist ein ausgewachsener Energieträger geworden. Insgesamt 1305 Windräder drehten sich Ende 2018 in Nord- und Ostsee und lieferten 18 Terrawattstunden Energie. Das ist etwa drei Prozent der gesamten Stromerzeugung, so viel wie zwei Atomkraftwerke. Doch die Branche könnte weit mehr, behauptet sie. Und verlangt eine Korrektur der Ausbauziele der Bundesregierung.

Im letzten Jahr wurden nur noch 136 neue Windräder in Betrieb genommen, ein Viertel weniger als im Vorjahr. Sie brachten 969 Megawatt Leistung. Die modernen Anlagen sind erneut größer als die früheren. Im Durchschnitt befinden sich die Naben nun in 106 Meter Höhe, dann kommen die Rotoren, die im Mittel 158 Meter Durchmesser haben. Ein neues See-Windrad ragt also 184 Meter in den Himmel. Das übertrifft sowohl das Ulmer Münster (161,5 Meter) als auch den Kölner Dom (157,4 Meter). Es schafft eine Leistung von sieben Megawatt. Tendenz steigend. Zehn-Megawatt-Anlagen sind schon in Sicht. Die Technik ist inzwischen so effizient, dass die meisten Ausschreibungen zuletzt mit null Cent Zuschuss über die Bühne gingen, sich also ohne Ökostrom-Umlage am freien Strommarkt refinanzieren. Und das obwohl häufig rund 100 Kilometer entfernt von der Küste in 40 Meter tiefem Wasser gebaut wird.

Mit den bisher errichteten oder in Bau befindlichen Offshore-Windrädern ist das von der Regierung vorgegebene Ausbauziel von 15 Gigawatt Leistung bis 2030 bereits zu etwas mehr als der Hälfte erreicht. Der dann noch verfügbare Zubau sinkt auf rund 620 bis 840 Megawatt Leistung pro Jahr, etwa rund 100 neue Windräder jährlich. Zum Vergleich: Das sind Größenordnungen, die auch die deutlich kleineren Niederlande vorweisen. Hier setzten die Vertreter der deutschen Offshore-Branche gestern in Berlin ihr Klagelied an: Die Offshore-Branche sei einer der wenigen Bereiche, wo Deutschland noch Technologieführerschaft besitze. Das gefährde man, wenn man diese Technik im eigenen Land so stiefmütterlich behandele. Und damit auch die 26 000 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt von der Branche abhängen. Man sei ohne weiteres in der Lage, zwei Gigawatt pro Jahr neu zu bauen. Exporte von Windrädern könnten die Lücke nicht wettmachen.

Die Branche hat also erhebliche Überkapazitäten und verlangt deshalb eine Verdoppelung des Ausbauziels auf 30 Gigawatt bis 2030. Das setzt einen Ausbau der Stromnetze voraus, der jedoch stockt. Die Regierung müsse mehr dafür tun, dass man schneller vorankomme,forderten die Industrievertreter.

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