Nur keine falsche Abscheu

Nohfelden · Thomas Philipp Pfaff arbeitet auf der Kläranlage. Er weiß, dass sein Beruf vielen Vorurteilen ausgesetzt ist. Er weiß aber auch, dass sein Job als Abwassertechniker weit über das Klischee hinausgeht.

 Er arbeitet gerne im Freien: Thomas Philipp Pfaff auf der Kläranlage Nohfelden. Foto: Oliver Dietze

Er arbeitet gerne im Freien: Thomas Philipp Pfaff auf der Kläranlage Nohfelden. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Auf die Frage nach dem Ekel-Faktor antwortet Thomas Philipp Pfaff mit einer Gegenfrage. "Finden Sie denn, dass es hier schlimm riecht?" Nein, tatsächlich, es riecht zwar, aber doch recht dezent. Und nach einer Stunde auf der Kläranlage Nohfelden nimmt man den leichten Fäkalgeruch schon gar nicht mehr wahr.

Pfaff ist Fachkraft für Abwassertechnik beim Entsorgungsverband Saar (EVS), sein Arbeitsplatz die Kläranlage. Die Vorurteile über seinen Job kennt der 22-Jährige natürlich genau: Igitt, da muss man in Exkrementen rumrühren! Früher, erzählt Pfaff, musste man noch viel Schmutz von Hand ausräumen. Inzwischen ist aber auch die Kläranlage zu einem volltechnischen, automatisierten Arbeitsplatz geworden. Entsprechend vielseitig ist der Beruf: Es gilt, die Betriebsabläufe mit dem Computer zu überwachen und zu dokumentieren, Anlagen zu bedienen und zu warten, Laboranalysen vorzunehmen.

Tatsächlich arbeitet Pfaff viel in dem kleinen Labor auf der Kläranlage. Dort untersucht er das Abwasser auf Schadstoffe, schaut, wie viel Schlamm sich im Abwasser befindet und wie die Mikroorganismen im Schlamm arbeiten. Denn die sorgen dafür, dass das Abwasser sauberer wird - biologische Reinigung nennt sich das. Wenn die Werte nicht stimmen, muss Pfaff eingreifen, zum Beispiel mehr Sauerstoff ins Klärbecken pumpen.

Als Fachkraft für Abwassertechnik sollte man also Verständnis für Biologie und Chemie mitbringen. Mathe ist wichtig, auch Physik und Elektrotechnik gehören dazu. Natürlich muss man außerdem anpacken können, Ölwechsel machen, Kanäle auf Verstopfungen kontrollieren. Beim Thema Hygiene darf man keine falsche Faulheit vortäuschen, die wird nämlich großgeschrieben. Mit dem Abwasser sollte man nur geschützt in Kontakt kommen, vor jedem Feierabend wird noch auf der Anlage geduscht - Duschen zählt zur Arbeitszeit.

Vor seiner Ausbildung stand Pfaff vor der Wahl, er hätte auch in die Industrie gehen und Mechatroniker lernen können. Nach einem Praktikum hat er sich für die Kläranlage entschieden - vor allem, weil man dabei viel im Freien ist. "Es macht einfach Spaß, draußen zu arbeiten", sagt er. Zudem sei der Job abwechslungsreich, langweilig werde einem praktisch nie.

Pfaff hat seine Ausbildung 2013 abgeschlossen. Während der Ausbildung wurde er auf verschiedenen Kläranlagen im Saarland eingesetzt, um unterschiedliche Größen und Typen kennenzulernen. Seither arbeitet er fest in Nohfelden , bereitet die Abwässer aus Nohfelden , Gonnesweiler, Eckelhausen, Bosen, Walhausen, Türkismühle und sogar dem Center Parc am Bostalsee auf. Ohne Pfaff und seine Kollegen blieben die Anwohner und Park-Besucher - im wahrsten Sinne des Wortes! - auf ihren eigenen Abwässern sitzen.

Der EVS bildet Fachkräfte für Abwassertechnik nur nach Bedarf aus. Gut für die Azubis, denn die Beschäftigungsmöglichkeiten für fertige Abwassertechniker sind freilich begrenzt. Karriere machen kann man in dem Beruf aber natürlich trotzdem, Pfaff etwa macht seit vergangenem Jahr seinen Meister, damit stehen ihm Führungspositionen offen.

Peinlich ist ihm sein Beruf drum auch nicht, und über die Neckereien seiner Fußballkollegen, die ihm schon mal bescheinigen, "ganz groß im Geschäft" zu sein, kann er selbst herzhaft lachen.

Die bisher erschienen Teile finden sich im Internet: www.saarbruecker-zeitung.de/serie-ausbildung .


Jeder vierte Azubi bricht ab


27,3 Prozent der Ausbildungsverträge im Saarland sind 2014 vorzeitig aufgelöst worden. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen leichten Rückgang von einem halben Prozent. Das teilte gestern die Agentur für Arbeit mit, die sich auf eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bezieht.

Mindestens die Hälfte der Azubis bleibt demnach nach der Vertragsauflösung im dualen Ausbildungssystem, wechselt beispielsweise den Betrieb oder den Ausbildungsberuf. Dabei gehen nicht alle Vertragsauflösungen vom Azubi aus, auch Firmenschließungen können etwa zu einem vorzeitigen Ende führen.

Besonders hoch ist die Auflösungsquote der Studie zufolge im Handwerk mit 42,3 Prozent. In Industrie und Handel (19,8 Prozent) sowie im Öffentlichen Dienst (6,1 Prozent) beenden die wenigsten Lehrlinge ihre Ausbildung vorzeitig.

Obwohl die Zahl der Vertragsauflösungen seit 2011 zurückgehe, sei sie immer noch zu hoch, sagte Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ). Sie befürchtet, dass Ausbildungsbetriebe dadurch die Motivation verlieren könnten. "Das können wir uns vor dem Hintergrund des Fachkräftebedarfs gar nicht leisten." Es sei zwar nicht ganz zu verhindern, dass Auszubildende während der Lehre feststellen, dass sie im falschen Beruf sind. Mit einer intensiveren Berufswahlorientierung im Vorfeld könne man "aber vermeiden, dass jemand allein auf Grund von Informationsdefiziten den falschen Weg einschlägt".

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