Studie sieht Frauen benachteiligt Milliarden Stunden ohne Lohn

Berlin · Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam: Für Frauen sind Haus- und Pflegearbeiten eine Armutsfalle.

Über zwölf Milliarden Stunden unbezahlter Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit leisten Frauen und Mädchen weltweit jeden Tag nach einer Oxfam-Studie. Das entspreche unter Mindestlohnbedingungen einem Gegenwert von zehn Billionen Euro pro Jahr, erklärt die internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation in ihrem am Montag veröffentlichten Bericht „Time to Care“ zum Weltwirtschaftsforum in Davos.

Unzählige weitere Stunden Arbeit verrichteten Frauen und Mädchen zu Hungerlöhnen. „Diese Zahlen sind Ausdruck eines Wirtschaftssystems, das vor allem für wohlhabende Männer funktioniert“, kritisierte Oxfam-Analystin Ellen Ehmke. Für Frauen seien die Haus- und Pflegearbeiten häufig eine Armutsfalle. Die ungleiche Verteilung zwischen den Geschlechtern schaffe und verschärfe außerdem die soziale Kluft. Weltweit besitzen demnach Männer 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. 42 Prozent aller Frauen im erwerbsfähigen Alter könnten wegen Pflege- und Fürsorgeaufgaben kein Geld verdienen, während es bei Männern nur sechs Prozent seien.

„Weltweit erbringen Frauen und Mädchen jedes Jahr Pflege- und Sozialleistungen, die das Vermögen der Superreichen bei weitem übersteigen“, sagte Ehmke. Während sich aber die einen „zurücklehnen und ihre Dividendenschecks zählen“ könnten, tauche die Leistung der anderen nicht einmal in einer Wirtschaftsstatistik auf.

 Hausfrauen leisten jeden Tag sehr viel, bekommen dafür aber kein Geld. Das bringt ihnen in ihrer eigenen Absicherung zahlreiche Nachteile ein.

Hausfrauen leisten jeden Tag sehr viel, bekommen dafür aber kein Geld. Das bringt ihnen in ihrer eigenen Absicherung zahlreiche Nachteile ein.

Foto: picture alliance / dpa/Armin Weigel

Die Klimakrise verschärft die Situation weiter, weil etwa in ländlichen Gebieten von Entwicklungsländern der Weg zur Wasserstelle weiter oder der Anbau von Gemüse schwieriger werde. In besonders hart vom Klimawandel betroffenen Ländern seien Frauen und Mädchen oft über 40 Stunden pro Woche nur mit der Besorgung von Wasser beschäftigt – was in den meisten Ländern einer Vollzeitstelle entspreche. In Deutschland sei die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen im europäischen Vergleich „erschütternd hoch“. Über das gesamte Arbeitsleben hinweg sammelten Frauen hier nur halb so viel Einkommen an wie Männer. Bei der Rentenlücke zwischen Männern und Frauen liege Deutschland in einer OECD-Studie auf dem letzten Platz. „Regierungen auf der ganzen Welt müssen jetzt handeln, um eine am Menschen orientierte Wirtschaft aufzubauen, die das wertschätzt, was für die Gesellschaft wirklich wichtig ist, anstatt das Streben nach Profit und Wachstum immer weiter anzuheizen“, appelliert Oxfam an die Entscheider in Davos. Ohne Handeln verschärfe sich das Problem wegen Klimadrucks und demografischen Wandels. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos kommen vom 21. bis 24. Januar 3000 Führungspersönlichkeiten aus Unternehmen, Regierungen und öffentlichem Leben zusammen.

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