Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss Nervosität nach fast einem Monat Streik bei NHG

Saarbrücken · Am Donnerstag wird in Frankfurt über den Sozialtarifvertrag für die Beschäftigten der  Gießerei NHG verhandelt. Alles ist offen.

 Mitarbeiter bewachen den „Streikbrechereingang“ vor dem Haupttor von Halberg Guss. 

Mitarbeiter bewachen den „Streikbrechereingang“ vor dem Haupttor von Halberg Guss. 

Foto: BeckerBredel

In dieser Woche dürften für die Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss (NHG) wichtige Entscheidungen fallen. An diesem Donnerstag soll über den Sozialtarifvertrag verhandelt werden, den die Gewerkschaft IG Metall mit der NHG-Geschäftsführung vereinbaren will. Diese Gespräche beginnen am Donnerstagvormittag in der Nähe der Alten Oper in Frankfurt. „Ich hoffe, dass die NHG-Geschäftsführung ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegt, um die Auseinandersetzung zu beenden“, meint Hans Peter Kurz, 1. Bevollmächtigter der IG-Metall-Verwaltungsstelle Saarbrücken.

Kurz zuvor gibt es am Arbeitsgericht der Mainmetropole eine Verhandlung über einen Antrag der NHG-Geschäftsführung gegen den Bundesvorstand der IG Metall. Mit diesem Antrag will das Unternehmen erneut klären, ob der Streik der rund 2100 Mitarbeiter in Saarbrücken und Leipzig, der seit fast einem Monat anhält, rechtens ist. Mitte Juni war die NHG-Geschäftsführung mit einem juristischen Eilantrag vor den Arbeitsgerichten in Saarbrücken und Leipzig gescheitert. Das Arbeitsgericht Saarbrücken urteilte seinerzeit, dass der Streik nicht rechtswidrig sei. Denn das Streikziel – die Durchsetzung eines Sozialtarifvertrags – sei zulässig. Prozessgegner ist diesmal der Bundesvorstand der IG Metall, weil dieser der Arbeitsniederlegung am Ende zugestimmt hatte und darüber entschieden hatte, ob die Streikkasse hierfür geöffnet wird

Begleitet werden beide Ereignisse – Sozialtarifverhandlungen und Arbeitsgerichtsverfahren – von einer Demonstration und einer Kundgebung in der Frankfurter Innenstadt. Mit spontanen Reden und demonstrativen Sitzaktionen soll auf die Situation der Betroffenen aufmerksam gemacht werden. Es werden Tausende Teilnehmer aus Saarbrücken und Leipzig erwartet.

Auch die NHG-Kunden hoffen, dass es am Donnerstag bei den Sozialtarifverhandlungen zu einem Durchbruch kommt. So appelliert ein Sprecher des Motorenbauers Deutz gestern an die Verhandlungspartner, „endlich zu einer Einigung zu kommen und die Auseinandersetzung zu beenden“. Ein weitergehender Arbeitskampf helfe niemanden – „auch der NHG nicht“. Da die Auslieferung gestoppt sei, werde es bei den Kunden wie beispielsweise Deutz allmählich schwieriger. Andere Kunden wie Opel befinden sich in Werksferien, so dass sich an der Nachfrage nach Gussteilen derzeit nicht viel ändere.

Auch bei den Streikenden steigt die Nervosität. „Wer arbeiten will, wird massiv bedroht“, erzählt jemand, der auf seinen Arbeitslohn „dringend angewiesen ist“. Arbeitswillige Mitarbeiter würden festgehalten, beschimpft und am Weitergehen gehindert, erzählt der NHG-Mitarbeiter, der ungenannt bleiben will. Auf Kundgebungen und Versammlungen würden die Leute, die arbeiten wollten, mit Namen genannt „und somit an den Pranger gestellt“. Junge Leute würden selbst in ihren Heimatgemeinden auf der Straße angesprochen und aufgefordert, nicht arbeiten zu gehen.

Gestern wurde am Haupteingang von NHG in Saarbrücken ein so genanntes Streikbrechertor aufgestellt, durch das die Leute hindurch müssen, die zur Arbeit wollen. Dort ist zu lesen, dass die NHG-Muttergesellschaft Prevent „den Verrat liebt, aber nicht den Verräter“. Auf der anderen Seite steht „Streikbruch verlängert nur den Streik und verzögert die Verhandlung“. Auf Plakaten sind Strichmännchen mit heruntergelassener Hose gezeichnet.

Der Saarbrücker IG-Metall-Chef Kurtz beschreibt die Stimmung unter den Streikenden hingegen als gut. Er sagt, dass NHG-Mitarbeiter, die nicht bei der IG Metall organisiert sind und deshalb keinen Anspruch auf Streikgeld haben, „trotzdem jeden Tag dabei sind“. Wer finanziell in Not gerät, könne Hilfe aus dem Solidaritätsfonds erhalten, den die IG Metall aufgelegt hat und in den unter anderem die Delegationen, die die Streikenden besuchen, Geld einzahlen. Ein Beirat entscheide, wer Unterstützung aus diesem Fonds erhalte.

Auch wenn Kurtz auf ein Entgegenkommen hofft, sind die Fronten offiziell noch verhärtet. Außerdem liegen Forderungen und Angebot noch weit auseinander. Die Gewerkschaft fordert für alle Mitarbeiter eine Absicherung von 3,5 Monatsgehältern pro Berufsjahr und eine Transfergesellschaft. Das Geld sollte insolvenzsicher in einem Treuhand-Fonds angelegt werden. NHG-Geschäftsführer Barbaros Arslan bezeichnet das als „vollkommen unrealistisch“ und beziffert es mit Kosten von insgesamt 700 Millionen Euro, die das Unternehmen dafür zurücklegen müsse. Die NHG-Geschäftsführung hatte zuletzt 0,7 Monatsgehälter pro Berufsjahr angeboten. Außerdem besteht sie darauf, dass das Werk Leipzig bis Ende 2019 geschlossen wird.

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