Interview mit Christian Küchen „Heizöl ist so günstig wie vor drei Jahren“

Berlin · Der Hauptgeschäftsführer des deutschen Mineralölwirtschaftsverbandes sieht gute Zeiten für Verbraucher.

  Die niedrige Ölnachfrage wirkt sich auch auf die Preise an der Zapfsäule aus. Der Liter Diesel kostet derzeit vielerorts weniger als einen Euro.

Die niedrige Ölnachfrage wirkt sich auch auf die Preise an der Zapfsäule aus. Der Liter Diesel kostet derzeit vielerorts weniger als einen Euro.

Foto: dpa/Frank Molter

Corona lässt die Ölpreise in den Keller gehen, auf dem US-Markt zwischenzeitlich sogar ins Minus. Gründe und Folgen erläutert Christian Küchen vom Mineralölwirtschaftsverband:

Herr Küchen, gibt es historische Parallelen für einen derart rapiden Preisverfall auf dem Ölmarkt?

KÜCHEN Es gibt zwar immer wieder Situationen, in denen der Ölpreis in kurzer Zeit stark sinkt, aber das Tempo ist außergewöhnlich. So fiel der Preis der Nordsee-Ölsorte Brent vor fünf Jahren schon einmal von rund 70 Dollar je Barrel à 159 Liter auf unter 30 Dollar, genau wie jetzt. Nur dauerte es damals rund neun Monate, diesmal sind es zweieinhalb Monate. Das zeigt die Dramatik der Situation.

Negativer Ölpreis – wie kann man das einem Laien erklären?

KÜCHEN Ein negativer Ölpreis bedeutet: Die Öl-Lager sind so voll, dass der Verkäufer dem Käufer noch Geld dazugibt, wenn er ihm das Öl abnimmt. Dies war dem Vernehmen nach für einen kurzen Zeitpunkt beziehungsweise für einen Terminkontrakt in den USA der Fall.

Geht diese Entwicklung ausschließlich auf die Corona-Krise zurück?

KÜCHEN Beim aktuell niedrigen Ölpreis spielen zwei Faktoren eine Rolle: Die Corona-Krise hat weltweit zu einem erheblichen Nachfragerückgang geführt, den die Internationale Energie-Agentur für April auf knapp 30 Millionen Barrel pro Tag schätzt. Normalerweise liegt der Bedarf bei 100 Millionen Barrel. Zum anderen besteht trotz der von der Opec für Mai angekündigten Produktionskürzungen nach wie vor ein weltweit sehr hohes Ölangebot. Diese Kombination drückt derzeit auf den Ölpreis.

US-Präsident Trump will die Rohöl-Vorräte seines Landes aufstocken. Kann das den Preisverfall stoppen?

KÜCHEN Schon nach der jüngsten Einigung der Opec mit weiteren Förderländern auf eine Produktionseinschränkung bestand die Hoffnung auf eine Stabilisierung des Ölpreises. Diese Hoffnung hat sich höchstens teilweise erfüllt. Insofern bleibt die Wirkung aller weiteren Stabilisierungsversuche abzuwarten. Auf jeden Fall haben wir derzeit ein großes Überangebot.

Sollte man sich jetzt den Heizöltank  zu Hause vollmachen?

KÜCHEN Beim Heizöl ist die Situation so günstig wie zuletzt vor drei Jahren. Der Heizölpreis liegt bei einer Abnahme von 3000 Litern im Bundesdurchschnitt unterhalb von 50 Euro für 100 Liter. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren es 70 Euro. Der Bestellzeitpunkt ist also gut. Allerdings müssen Käufer derzeit mit mehrwöchigen Lieferfristen rechnen. Den Preis können sie sich natürlich jetzt schon sichern.

  Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes

Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes

Foto: Mineralölwirtschaftsverband e.V./Marie Staggat

Können die paradiesischen Zustände auch für Autofahrer noch eine Weile andauern?

KÜCHEN Im Zuge der nach wie vor intakten Tankstellenkonkurrenz wurden und werden die niedrigen Ölpreise voll an die Kunden weitergegeben – unter Berücksichtigung von Faktoren wie der festen Energiesteuer auf Benzin und Diesel natürlich. Uns wäre es allerdings auch wichtig, dass im hoffentlich bald einsetzenden Aufschwung Biokraftstoffe und klimaneutrale synthetische Kraftstoffe, E-Fuels, eine größere beziehungsweise erstmals eine wichtige Rolle spielen. Sonst schaffen wir unsere Klimaziele nicht. Wir haben der Bundesregierung entsprechende Vorschläge unterbreitet.

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