Mein Freund, der Baum, fällt um: Das 5. SR-Studiokonzert

Saarbrücken · Zeitgenössische Komponisten sind es gewohnt, vor halb vollen Sälen aufgeführt zu werden. So auch Helmut Lachenmann mit zwei seiner Werke am Freitag im 5. SR-Studiokonzert der Deutschen Radio Philharmonie.

Helmut Lachenmann war einer der Komponisten, die im Mittelpunkt des 5. SR-Studiokonzerts am Freitag auf dem Halberg standen. "Souvenir" von 1959 stammt aus seiner Studienzeit: Klangfetzen, mal verdichtet, mal ausgedünnt. Ein Gegensatz war zum Konzertende "Double", eine Bearbeitung seines 3. Quartetts für 48 Streicher. Die Streichinstrumente werden ausgereizt: konventionelles Saitenspiel, Arco und Pizzicato, Bearbeitung des Corpus, Streichen auf Steg, Saitenhalter, Schnecke. 30 langatmige Minuten. Doch, so Lachenmann, "der selbstgefällige Schein trügt: nichts ist erschlossen", denn "Wege in der Kunst führen nirgendwo hin und schon gar nicht ans Ziel." Offenbar.

Der Théodore-Gouvy-Preis ging 2015 an Martin Rincón Botero, mit einem Kompositionsauftrag der DRP. Das nun uraufgeführte Werk "Dreu" bemüht ein großes Orchester und will das Werden eines Baumes imaginieren. Anklänge an kolumbianische Folklore, U-Musik und neutönerische Gesten lassen Blätter sprießen, bis der Baum mit Tutti-Aplomb umstürzt und Glöckchen-umspielt vergeht.

Einzigen nachhaltigen Eindruck hinterließ Bernd Alois Zimmermanns "Canto di speranza", eine Kantate für Violoncello und kleines Orchester (1957). Eine Zusammenschau serieller Techniken, Isorhythmik des Mittelalters und Jazz-Anklängen. Die "Pisan Cantos" von Ezra Pound sind geistige Basis der Komposition, die "behutsam die kleine Flamme der Hoffnung nähren will..." Eine Hoffnung, die für Zimmermann im Suizid verging. Die Musik fesselte durch Vielgestalt, Lucas Fels war ihr ein souveräner Cello-Interpret, die DRP agierte spiel- und experimentierfreudig unter der engagierten Leitung von Peter Hirsch.

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