Mehr als nur Auto

London · Volkswagen macht seit Monaten mit dem Diesel-Skandal Schlagzeilen. Dieser treibt konzernintern aber auch einen Wandlungsprozess voran. Jetzt will VW Dienstleistungen rund um die Mobilität anbieten.

 Der Moia-Chef Ole Harms und der VW-Vorstandsvorsitzende Matthias Müller präsentieren die 13. Konzerntochter. Foto: VW/dpa

Der Moia-Chef Ole Harms und der VW-Vorstandsvorsitzende Matthias Müller präsentieren die 13. Konzerntochter. Foto: VW/dpa

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Volkswagen gehört in der internationalen Auto-Szene nicht gerade zu den Trendsettern. Erst verspätet war der Hersteller auf den Trend zu Minivans oder Geländewagen aufgesprungen, um dann aber trotzdem mit Modellen wie dem Touran spektakuläre Erfolge zu feiern. Auch bei modernen Mobilitätsdienstleistungen hofft Volkswagen nun auf solch einen Effekt.

Die neue Konzerntochter Moia jedenfalls soll langfristig zu den weltweit Top drei der Mobilitätsdienstleister gehören. "Mit Moia wollen wir neue Formen von Mobilität besser verstehen lernen" und sie noch attraktiver gestalten, sagte Konzernchef Matthias Müller gestern. VW hat die 13. Konzerntochter, die in Berlin angesiedelt wird, auf der Technologiekonferenz "Tech-Crunch Disrupt" präsentiert, die gestern und heute in London stattfindet.Derzeit arbeiten 50 Beschäftigte für Moia, Ende 2017 sollen es rund 200 sein. Bei der Suche nach den Entwicklern, die die Mobilitätslösungen der Zukunft programmieren sollen, setzt Moia-Chef Ole Harms weniger auf die Begeisterung für Autos, sondern mehr auf höhere Ziele. "Wir suchen Wege, das Leben insbesondere in den Städten besser zu machen." Besser, darunter versteht Harms weniger Lärm und Luftverschmutzung.

Zwei Geschäftsfelder hat Moia besonders im Visier: Zum einen geht es um die Fahrtenvermittlung via App ("Ride Hailing"), wie sie auch der große US-Konkurrent Uber anbietet. Das zweite Geschäftsfeld nennt Moia "Pooling". Diese moderne Variante der Sammeltaxis soll unnötige Einzelfahrten im Auto vermeiden helfen.

Im Gegensatz zu Uber sucht Moia von Beginn an den Dialog mit den Kommunen und Regulierungsbehörden, um mögliche Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Das könnte dann auch dazu führen, dass der Uber-Konkurrent Gett, an dem Volkswagen finanziell beteiligt ist, Dienste in Deutschland anbieten wird. Bislang ist das Start-up aus Israel in rund 100 Städten wie London , Moskau und Tel Aviv aktiv.

Als eine Art Blaupause für die Kooperation mit den Behörden dient eine "strategische Mobilitätspartnerschaft", die Volkswagen und die Hansestadt Hamburg vereinbart haben. Ziel sei es, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, um die Mobilität in der Stadt umweltschonender, sicherer und effizienter zu gestalten, heißt es in der Grundsatzvereinbarung, die im vergangenen Sommer von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD ) und VW-Vorstandschef Müller unterzeichnet wurde.

Das Hamburger Projekt, auf drei Jahre ausgelegt, zeigt aber auch, wie beschwerlich der Weg in die Mobilitätszukunft sein kann. Beim grünen Koalitionspartner von Scholz stieß die Vereinbarung auf wenig Beifall. Denn in dem Memorandum stehe "nichts, was wirklich wirksam in Richtung Lärm- und Luftschadstoff-Reduzierung gehen würde", hieß es aus der Behörde von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne).

Ob es der Volkswagen-Tochter Moia gelingen wird, solche Vorbehalte von Umweltschützern und Städteplanern nach dem Diesel-Skandal auszuräumen, muss sich noch zeigen. Auf der "Tech-Crunch"-Konferenz jedenfalls wurde Moia-Chef Harms ständig gefragt, ob man "diesen Typen, die bei den Tests betrogen haben, überhaupt trauen kann". "Wir werden uns das Vertrauen mit unseren Diensten verdienen müssen", entgegnet Harms.

Mit Argusaugen wird auch das Taxi-Gewerbe die Aktivitäten von Moia betrachten. Doch auch hier setzt Moia eher auf Zusammenarbeit als auf Konfrontation. "Die Taxi-Unternehmen haben längst den Veränderungsbedarf selbst erkannt", sagt Harms. Sein Unternehmen gehe davon aus, dass menschliche Fahrer noch für eine lange Zeit gebraucht werden.

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