Mehr als 6000 Opel-Jobs in Gefahr?

Rüsselsheim/Berlin · Experte rechnet mit Abbau von jedem dritten deutschen Arbeitsplatz. PSA zögert mit Standortgarantien.

 Staatssekretär Matthias Machnig drängt auf Verträge, die die Opel-Jobs absichern. Foto: dpa

Staatssekretär Matthias Machnig drängt auf Verträge, die die Opel-Jobs absichern. Foto: dpa

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(dpa) Das Ringen um die Opel-Jobs geht weiter. Sechs Tage nach Bekanntwerden der Übernahmepläne gibt es vom französischen Konzern Peugeot-Citroën (PSA) noch keine Garantie für die Arbeitsplätze und drei deutschen Standorte des Traditionsunternehmens.

Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig berichtete nach Gesprächen mit PSA, dem Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) und der französischen Regierung zwar von "ersten konstruktiven Signalen" für die mehr als 19 000 deutschen Opel-Beschäftigten. "Nur: Diese konstruktiven Signale müssen jetzt auch umgesetzt werden in Verträge, Betriebsvereinbarungen, damit Klarheit und Sicherheit für die Beschäftigten, für die Standorte, auch für die Zukunftsinvestitionen erreicht werden", sagte der SPD-Politiker.

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer ist skeptisch. Er sieht langfristig jeden dritten deutschen Job - also über 6000 Arbeitsplätze - bei Opel in Gefahr. Ein Stellenabbau sei bei einer Übernahme für Peugeot-Chef Carlos Tavares der einzige wirksame Kostenhebel, sagte der Chef des CAR-Center an der Universität Duisburg-Essen. Daran änderten auch die bestehende Beschäftigungsgarantie bis Ende 2018 und die Investitionszusagen für die deutschen Werke bis 2020 nichts. "2018 kann es mit den Abfindungen losgehen."

Die Chance auf zusätzliche Märkte oder erhebliche Mehrverkäufe nach der Übernahme bestehe nicht, sagte der Branchenspezialist. PSA und Opel seien beide zu stark auf Europa konzentriert und hätten in den vergangenen Jahren Marktanteile verloren, erläuterte Dudenhöffer. Seit 2011 seien in Europa beide Autobauer zusammen von 21 Prozent Marktanteil auf 16,3 Prozent geschrumpft. Auch nach einer Fusion würden sie mit rund 3,5 Millionen Fahrzeugen im weltweiten Vergleich keineswegs zu den Großen gehören.

Dudenhöffer sieht wegen hoher Kosten vor allem das Montagewerk in Eisenach und die Motorenfertigung in Kaiserslautern gefährdet. Vom Stammsitz Rüsselsheim könnten in absehbarer Zeit zentrale Funktionen wie Einkauf, Vertrieb und Marketing nach Paris verlagert werden, erwartet der Wissenschaftler. Das Entwicklungszentrum mit fast 8000 Beschäftigten werde ebenfalls Kompetenzen verlieren, etwa bei der Entwicklung von Motoren und Plattformen. Nur die Entwicklung eigener Modelllinien und die Anpassung der Autos an PSA-Plattformen seien unter dem Dach des künftigen Konzerns vorstellbar.

Auch in Großbritannien bangen die Mitarbeiter der Opel-Schwestermarke Vauxhall um ihre Jobs. In Ellesmere Port sind nach Firmengaben 1830 Mitarbeiter beschäftigt, in Luton waren es Ende vergangenen Jahres 1530. Gefährdet sein könnten auch Jobs bei Zulieferern und Händlern. Premierministerin Theresa May hat sich der Sache angenommen. Sie wurde zu einem Gespräch mit PSA-Chef Carlos Tavares eingeladen.

GM verhandelt seit längerem mit PSA, bekannt wurden die Gespräche aber erst am Dienstag vergangener Woche. Bis spätestens zum Genfer Autosalon in zweieinhalb Wochen sollen mehreren Medienberichten zufolge die Verträge unterzeichnet sein.

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