Firmenschließung Mehr Abfindung für Gewerkschafts-Mitglieder

Saarlouis · Der Sozialplan beim Saarlouiser Autozulieferer Lear ist nach langem Ringen unter Dach und Fach. Für die IG Metall ist er ein Erfolgsmodell.

 Der Protest der IG Metall nach dem Schließungsbeschluss der Firma Lear-Corporation in Saarlouis hat sich für die ehemals 100 Mitarbeiter gelohnt.

Der Protest der IG Metall nach dem Schließungsbeschluss der Firma Lear-Corporation in Saarlouis hat sich für die ehemals 100 Mitarbeiter gelohnt.

Foto: IG Metall Völklingen

Es ist ein Sozialplan fast wie aus dem Lehrbuch, den die IG Metall und der Betriebsrat des Saarlouiser Autozulieferers Lear-Corporation mit dem US-Unternehmen abgeschlossen hat. Schon vor einem Jahr war klar, dass Lear bei der Fertigung des neuen Ford Focus, der im Frühjahr kommenden Jahres das bisherige Modell ablösen soll, nicht mehr zum Zuge kommen wird. Denn die Kabelstränge für die Autos, die von den Lear-Mitarbeitern vor Ort derzeit noch mit Steckern und Buchsen ausgestattet werden, will Ford künftig komplett montiert von außen beziehen. Für die rund 100 Mitarbeiter war das anfangs ein Schlag ins Kontor. Und die Verhandlungen zogen sich mehr als ein Jahr hin.

„Doch jetzt ist der Sack zu“, sagt Ferdinand Weidig, Gewerkschaftssekretär der IG-Metall-Verwaltungsstelle Völklingen. So wurde nach Angaben von Weidig unter anderem vereinbart, dass allen älteren Mitarbeiter über 60 Jahre bis zum Erreichen des Rentenalters ihr volles Nettogehalt weitergezahlt wird. Außerdem erhalten sie bis zum 75. Lebensjahr die Rente, die ihnen zustehen würde, wenn sie bis zum Erreichen der Altersgrenze gearbeitet hätten.

Alle Mitarbeiter, die bis dato noch beschäftigt sind, bekommen zudem ein Antrittsgeld von 50 Euro pro Tag. Wenn sie Sonderschichten wie zum Beispiel am Wochenende fahren, werden ihnen 250 Euro über die normale Schichtzulage hinaus bezahlt. Damit soll verhindert werden, dass zu viele Leute das Unternehmen verlassen, solange sie noch für die Fertigung der aktuellen Focus-Produktion gebraucht werden.

Bei den ausgehandelten Abfindungen hat die Gewerkschaft zudem erreicht, dass ihre Mitglieder besonders bedacht werden. Je nach Dauer der Mitgliedschaft steht den Mitarbeitern über die normale Abfindung hinaus ein Sonderscheck von bis zu 8000 Euro zu. Die Staffelung nach oben beginnt bei 3100 Euro, erläutert IG-Metall-Sekretär Weidig.

Auch körperliche Handicaps werden berücksichtigt. Wer einen Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 50 Prozent hat, erhält einen Zuschlag auf die Abfindung von 3000 Euro, bei einem GdB ab 50 Prozent sind es 5000 Euro.

Damit die Lear-Beschäftigten nach dem Ende ihrer aktuellen Tätigkeit möglichst schnell zu einem neuen Arbeitsplatz wechseln können, wurde eine „Transfer­agentur ins Leben gerufen, wo die Leute betreut, beraten und vermittelt werden“, erläutert Weidig. Wer in diese Agentur wechselt, dem stehen 80 Prozent seines letzten Nettolohns zu. Wer schnell einen neuen Job findet, wird zudem mit einer Sprinter-Prämie belohnt. „Die Verhandlungen waren hart, doch es hat sich gelohnt“, sagt Weidig.

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