Einmarsch von Russland Krieg in der Ukraine: Explodieren jetzt die Gaspreise?

Werden aufgrund des Ukraine-Konflikts mit Russland höhere Preise auf Gas-Bezieher zukommen? So schätzen Experten die Situation für Deutschland ein.

Krieg in der Ukraine: Explodieren nun wegen Russland die Gaspreise?
Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Russland ist mit einer Tagesproduktion von rund 11,5 Millionen Fass nach den USA und Saudi-Arabien der drittgrößte Erdölproduzent der Welt. Das Land ist der mit Abstand wichtigste Lieferant von Rohöl für Deutschland – mit einem Importvolumen von rund 28 Millionen Tonnen im Jahr 2020. Damit macht Rohöl aus Russland aktuell etwa ein Drittel des Rohölimportvolumens der Bundesrepublik aus.

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine kommt zu einem denkbar ungünstigem Zeitpunkt. Die Menge aus zusätzlichem Öl, die innerhalb kürzester Zeit in den Verkauf gelangen kann, ist laut US-Investmentbank JP Morgan auf 2,8 Millionen Fass am Tag gefallen. Zur Entschärfung von Preisspitzen in Krisensituationen haben sich jedoch etwa fünf Millionen Fass pro Tag als Reservekapazität bewährt.  

Die niedrigen Reserven sind auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Die Ölkonzerne haben angesichts der gesunkenen Nachfrage im Frühjahr 2020 die Produktion drastisch zurückgefahren. Auch Investitionen in neue Förderstätten wurden zunächst auf Eis gelegt. 

Laut Experten wird die weltweite Nachfrage bei weniger Zusatzproduktion und Zweifeln, wie es mit Russland weitergeht, die Preise für Rohöl in die Höhe treiben. 

Der Ölpreis ist am Donnerstag erstmals seit 2014 wieder über die psychologisch wichtige Marke von 100 US-Dollar geklettert. Ein Fass der Nordsee-Sorte Brent kostete am Morgen gegen 7 Uhr deutscher Zeit 101,88 US-Dollar, das waren 5,2 Prozent mehr als am Schluss des vorherigen Handelstags.

Russland-Einmarsch in die Ukraine: Steigen auch die Gaspreise?  

Deutschland importiert rund 88,4 Prozent seines Erdgases aus dem Ausland – rund die Hälfte davon aus Russland. Hinzu kommt das Problem, dass die Gasspeicher in Deutschland relativ leer sind: Aktuell sind sie nur noch zu 31 Prozent gefüllt. Die meisten Speicher gehören Gazprom (über seine deutsche Tochter Astora), und diese sind sogar nur noch zu neun Prozent gefüllt. 

Unternehmen wie Eon und RWE, die seit Jahrzehnten mit den Russen zusammenarbeiten, betonen immer wieder, dass diese ihre vertraglichen Verpflichtungen stets erfüllt haben – auch auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Doch bereits jetzt liefert Russland nur das, was es liefern muss, aber nichts darüber hinaus, wie es in der Branche heißt.

Die Reduktion der Lieferungen sei bislang überwiegend durch Importe von Flüssiggas (LNG) aufgefangen worden. Das sorge für Probleme bei den Preisen, physische Engpässe gebe es aber noch nicht. „Eine verstärkte Versorgung mit LNG hätte aber voraussichtlich steigende Preise zur Folge“, betonte Energieexperte Hans-Wilhelm Schiffer im Interview mit der Tagesschau.

Der Branchenverband der Speicherunternehmen, die Initiative Energien Speichern (INES), geht ebenfalls davon aus, dass die deutsche Gasversorgung in den kommenden Tagen und Wochen einen Ausfall aller russischen Gasimporte überstehen würde. Bedingung sei, dass die Temperaturen weiterhin mild blieben und ausreichend LNG für den EU-Binnenmarkt verfügbar sei, sagte Verbandsgeschäftsführer Sebastian Bleschke.

Gasbranche: „Für Deutschland ist die Gasversorgung gesichert“

Die Gasbranche sieht die Gasversorgung für Deutschland mit Blick auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine aktuell als gesichert an. 

Vorstand Timm Kehler vom Branchenverband Zukunft Gas sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag: „Wir beobachten sehr genau die aktuelle Versorgungslage und können zumindest kurzfristig sagen: Für Deutschland ist die Gasversorgung gesichert. Insbesondere die Heizungskunden müssen sich aufgrund ihrer besonders geschützten rechtlichen Position und des diversifizierten Gasbezuges aus anderen Ländern keine Sorgen machen. Dieses Bild wird auch von den Meldungen, die wir von unseren Mitgliedern erhalten, bestätigt."

Ungeachtet des Angriffs Russlands auf die Ukraine ist die Versorgungssicherheit mit Gas auch nach Einschätzung des Energieversorgers EnBW im Moment nicht gefährdet.

Russland liefert auch weiterhin Gas an Deutschland

„Aktuell liefern die russischen Vertragspartner die vertragsgemäß zugesagten Gasmengen“, teilte eine Sprecherin des Karlsruher Unternehmens mit. Zudem deckten Lieferungen aus Norwegen und den Niederlanden sowie Flüssigerdgas-Lieferungen an westeuropäische Terminals die Nachfrage. „Das ist ein Beleg, dass der globale Gasmarkt funktioniert.“

Gaspreise in Deutschland könnten steigen

Angesichts des Konflikts könnten auf Gas-Bezieher allerdings höhere Preise zukommen. Die EnBW kaufe Gas für ihre mehrere Hunderttausend Kunden am deutschen Großhandelsmarkt ein, erläuterte die Sprecherin. „Aufgrund der langfristigen Beschaffungsstrategie der EnBW wirken sich eventuell dauerhaft hohe Gaspreise an der Börse mit einem Zeitversatz auf die Endkundenpreise aus.“

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