Kraftfahrt-Bundesamt Erste Erlaubnis für Diesel-Nachrüstungen

Berlin · Nach langen Diskussionen können Besitzer von ­Euro-5-Dieselautos ihre Pkw endlich umrüsten lassen – aber längst noch nicht alle Modelle.

 Ältere Dieselfahrzeuge sind in einigen deutschen Städten schon von Fahrverboten betroffen. Weitere könnten folgen.

Ältere Dieselfahrzeuge sind in einigen deutschen Städten schon von Fahrverboten betroffen. Weitere könnten folgen.

Foto: dpa/Marijan Murat

Nach langer Wartezeit können die ersten Besitzer von Diesel-Pkw mit der Abgasnorm Euro 5 ihre Autos nachrüsten, um so Fahrverbote in Deutschland zu vermeiden. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erteilte nach monatelangen Verzögerungen die erste Allgemeine Betriebserlaubnis zur Dieselnachrüstung.

Diese betrifft nach Darstellung des Bamberger Technologie-Anbieters Dr Pley Nachrüstsätze zunächst für Volvo-Modelle. Demnächst seien Genehmigungen auch für Fahrzeuge von Daimler und BMW zu erwarten. Die Systeme werden vom Zulieferer und Pley-Partner Bosal produziert und vertrieben. Das Bundesverkehrsministerium bestätigte, dass das erste Abgas-Nachrüstsystem vom KBA gebilligt worden sei.

Der ADAC forderte, dass nach den ersten Genehmigungen schnell weitere Systeme „für möglichst alle betroffenen Fahrzeuge“ folgen. „Die Unsicherheit der betroffenen Dieselfahrer dauert schon viel zu lange an“, sagte eine ADAC-Sprecherin in München. „Wichtig ist es nun, dass die Kostenfrage schnell geklärt wird. Es kann nicht sein, dass der Verbraucher auf den Kosten sitzen bleibt.“

In Deutschland sind weit mehr als fünf Millionen Diesel-Pkw mit der Abgasnorm Euro 5 auf den Straßen unterwegs. Wegen des hohen Aus­stoßes von Stickoxiden (NOx) sind sie an vielen Orten von Fahrverboten bedroht. Diese sollen auch mit Nachrüstungen der Abgasreinigung direkt am Motor verhindert werden. Die Kosten für die Umrüstung wurden in der Vergangenheit auf etwa 3000 Euro pro System geschätzt. Einige Autobauer haben zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen.

Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sprach von einem wichtigen Beitrag – mit allerdings überschaubaren Effekten. „Es wird keinen großen Run auf Nachrüstungen geben“, sagte der Direktor des Car-Instituts an der Universität Duisburg-Essen. Die Nachrüstung helfe Autofahrern und Städten. Auch für Händler seien positive Effekte zu erwarten, weil ein stärkerer Wertverfall bei Pkw verhindert werde: „Wir hätten das zwölf Monate früher haben können, wenn sich der Verkehrsminister nicht so umständlich angestellt hätte.“

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Cem Özdemir (Grüne), forderte mehr Tempo. „Wir brauchen jetzt eine Offensive für Hardwarenachrüstungen, nach dem Verursacherprinzip finanziert durch die Automobilindustrie“, sagte der Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Im vierten Jahr des Dieselskandals fällt die Blockade gegen die Hardwarenachrüstung, die Verkehrsminister Scheuer stets mit vorgeschobenen Argumenten verhindern wollte.“

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und auch die Hersteller hatten sich lange gegen Hardware-Nachrüstungen gesträubt, dann aber im vergangenen Jahr einen Kompromiss für die Finanzierung erzielt. Allerdings machen nicht alle mit. Mitte Mai hatte Scheuer seine Zweifel noch bekräftigt. Er sei gespannt, ob Hersteller von Nachrüstsets ihre Zusagen einhalten und liefern können.

Die Umrüstungen am Motor sind Teil eines Maßnahmenpakets der Regierung für bessere Luft. Nach den Vorgaben des KBA dürfen die umgerüsteten Autos im Realbetrieb noch 270 Milligramm Stickoxid je Kilometer ausstoßen, um von Fahrverboten verschont zu werden.

Das KBA habe dem Nachrüstsatz für Volvo-Modelle mit 2,0- beziehungsweise 2,4-Liter-Dieselmotoren der Abgasnorm Euro 5 eine Betriebserlaubnis erteilt, bestätigte der Anbieter Dr Pley. Dies umfasse die Volumenmodelle XC60, XC70, S60, V60. Für Daimler-Modelle werde eine KBA-Erlaubnis zum 31. Juli erwartet, für BMW-Modelle zum 15. August. Bundesweit gibt es von Gerichten verhängte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge – unter anderem in Hamburg und Stuttgart.

2018 war die Luftverschmutzung durch Diesel-Abgase trotz weiterer Verbesserungen noch in 57 deutschen Städten zu hoch gewesen. Der EU-Grenzwert für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid (NO2) wurde damit in acht Städten weniger überschritten als im Jahr zuvor, wie das Umweltbundesamt (UBA) im Juni mitteilte. 2016 waren es noch 90 Städte gewesen. Überhöhte NO2-Werte sind Grund für Fahrverbote für ältere Diesel. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte die Sperrungen vor Gericht erzwungen, es laufen noch weitere Verfahren. 

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort