Corona-Bonds Corona-Bonds als Hilfe sind umstritten

Frankfurt/Rom · Italien, Frankreich und Spanien wollen die übrigen EU-Mitgliedsstaaten zu diesem finanziellen Beitrag in der Krise drängen.

Er ist der heftigste Kämpfer europaweit für Corona-Bonds: Italiens Regierungschef Giuseppe Conte.

Er ist der heftigste Kämpfer europaweit für Corona-Bonds: Italiens Regierungschef Giuseppe Conte.

Foto: dpa/Roberto Monaldo

Vor allem Italien ruft in der Corona-Krise um Hilfe. In einer ganzseitigen Anzeige werben Politiker des Landes in Deutschland um Zustimmung zu gemeinschaftlichen Anleihen: Corona-Bonds. Zudem betont Italiens Regierungschef Giuseppe Conte, ganz Europa könne von solchen Corona-Bonds profitieren. Das heiße nicht, dass Deutschland für den Wiederaufbau Italiens auch nur einen Euro für italienische Schulden bezahlen müsse. Auch Frankreich und Spanien plädieren für Corona-Bonds.

Es gibt Befürworter wie zuletzt auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans, aber auch Gegner wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sowie mehrere Staats- und Regierungschefs. Doch was sind solche Corona-Bonds? Bonds sind Wertpapiere mit einem festen Zinssatz. Die europäischen Staaten könnten zusammen solche Anleihen an den Markt bringen: Corona-Bonds. Die Regierungen würden gemeinsam Geld an Finanzmärkten aufnehmen, sich also verschulden – und dann gemeinschaftlich für Zinsen und Rückzahlung haften. Schon in der Euro-Schuldenkrise, die von 2010 an vor allem Griechenland hart traf, hatte die Idee gemeinsamer Staatsanleihen Anhänger. Damals war von Eurobonds die Rede. Eingeführt wurden diese jedoch nicht, weil es schon damals große Widerstände gab: Wirtschaftlich starke Länder fürchteten, über Jahre für die Schulden bereits hoch verschuldeter Staaten wie Italien mithaften zu müssen.

Hoch verschuldete Staaten könnten durch Corona-Bonds zu erheblich günstigeren Konditionen frisches Geld von Investoren erhalten. Denn die Bonität der Gemeinschaftsanleihen wäre deutlich besser, wenn zum Beispiel wirtschaftlich starke Länder wie Deutschland mithaften. Weil solche Papiere somit als sicherer gelten, müssten die Staaten für Corona-Bonds nicht so hohe Zinsen bieten wie sie das zum Teil derzeit für ihre eigenen nationalen Anleihen tun müssen. Die Schuldenlast würde sinken. Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding meint zudem, Corona-Bonds wären ein „Signal der Solidarität“ – gerade an Länder, die sich nach der Euro-Schuldenkrise mühsam zurückgekämpft haben.

Befürworter argumentieren, die Lösung liege in Krisen-Gemeinschaftsanleihen, die nur in dieser Situation legitimiert sind. Hier sollte man sich in Berlin nicht sperren, wenn man die Eurozone nicht durch diese Krise in eine existenzielle Gefährdung bringen will“, sagt der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther.

Ähnlich argumentiert Berenberg-Ökonom Schmieding: „Mehr als je zuvor müssen sich die Mitglieder des Euroraumes in einer derartigen Krise Geld zu erträglichen Bedingungen leihen können.“ Corona-Bonds seien effizienter als die milliardenschweren Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB). EZB-Vizepräsident Luis de Guindos befürwortet Corona-Bonds ebenfalls. Kritiker treibt die Sorge um, dass Deutschland damit praktisch für die Schulden anderer Länder mit haftet und daraus ein Dauerinstrument wird. „Deutschland würde in voller Höhe für den Umfang jeder so begebenen Anleihe anderer Mitgliedstaaten haften, ohne auch nur ein kleines Wörtchen bei der Finanzpolitik des jeweiligen Landes mitreden zu können“, argumentiert der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld. Er fürchtet zudem, dass es nicht bei einer Ausnahme in der aktuellen Krise bleiben wird: „Zu meinen, man könne solche Bonds nur vorübergehend einführen, ist blauäugig. Sind sie einmal da, bleiben sie“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung jüngst der „Börsen-Zeitung“.

Weil sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) bisher nicht einigen konnten, sollen nun die Finanzminister der 19 Euroländer Vorschläge erarbeiten.

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