Proteste von Klimaaktivisten Siemens hält an Kohleprojekt fest

München · Der Industriekonzern beruft sich auf vertragliche Pflichten beim geplanten Bergwerk in Australien. Klimaaktivisten protestieren.

 Fridays-for-Future-Aktivisten protestieren gegen die Lieferung von Siemens-Technik an ein Kohlebergwerk in Australien.

Fridays-for-Future-Aktivisten protestieren gegen die Lieferung von Siemens-Technik an ein Kohlebergwerk in Australien.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Umweltschützer machen weiter Front gegen die Entscheidung von Siemens, an der Lieferung einer Zugsignalanlage für ein umstrittenes Kohlebergwerk in Australien festzuhalten. Die Klimaaktivisten von Fridays for Future kündigten Proteste für die Siemens-Hauptversammlung am 5. Februar an. Bis Montagabend sollen insgesamt 15 Demonstrationen gegen das Dax-Unternehmen geplant gewesen sein. So trafen sich rund 100 Demonstranten vor der Münchner Siemens-Zentrale – unter anderem zu einem sogenannten „Die-in“, bei dem sich die Protestierenden wie tot auf den Boden legten.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte, sie habe sich ein anderes Signal erhofft – auch, weil das Auftragsvolumen für Siemens relativ gering sei. Der Konzern hätte sich „rausverhandeln“ oder Vertragsstrafen in Kauf nehmen können, „weil der Rufschaden, der jetzt mit dieser Entscheidung einhergeht, wesentlich größer ausfallen dürfte“.

Siemens-Chef Joe Kaeser hatte am Sonntagabend nach einer erneuten Prüfung verkündet, am Auftrag des Industriekonzerns Adani festhalten zu wollen – trotz heftiger Kritik. Er begründete dies unter anderem damit, dass Siemens zu seinen vertraglichen Pflichten stehen müsse. Siemens will als Konsequenz aus der Debatte ein Nachhaltigkeits-Komitee einrichten, das problematische Projekte stoppen soll.

Am Freitag hatte sich der Spitzenmanager mit der Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer getroffen. Diese kritisierte die Entscheidung am späten Sonntagabend als „unentschuldbaren Fehler“. „Auf diesen Vertrag zu pochen, während Australien brennt und alle Konsequenzen für Mensch und Umwelt bekannt sind, ist Wahnsinn“, sagte sie.

Ihr Mitstreiter Nick Heubeck betonte im Bayerischen Rundfunk: „Siemens muss sich bewusst sein, und das soll auch ein Zeichen an die anderen Unternehmen in Deutschland sein, dass man eben nicht öffentlich zu Klimaschutz stehen kann und dann trotzdem Entscheidungen treffen kann, die nicht in dieses Jahrhundert passen.“

Das Bundesumweltministerium wollte den konkreten Fall nicht kommentieren. Die Unternehmenswelt könne und müsse aber daraus lernen, dass es ein Frühwarnsystem brauche, sagte ein Sprecher.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker widersprach der Darstellung von Siemens-Chef Kaeser, dass die indigenen Wangan und Jagalingou, deren Land vom Projekt betroffen ist, zugestimmt hätten. „Da scheint Herr Kaeser schlecht informiert worden zu sein“, sagte Yvonne Bangert von der Gesellschaft: „Eine Zustimmung, die der UN-Deklaration über die Rechte indigener Völker genügt, liegt unseres Wissens nicht vor.“ Auch aus Australien kam Kritik: Der „schändliche“ Beschluss ruiniere das Image von Siemens, kritisierte die Australian Conservation Foundation.

Ein Stück weit in Schutz genommen wurde Kaeser von Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Nachdem der Auftrag unterschrieben wurde, muss sich der Konzern daran halten und vertragstreu bleiben“, sagte sie der Rheinischen Post. Allerdings hätte der Konzern bereits bei der Vertragsunterzeichnung „eine kritischere Haltung zu den Umweltfragen haben können.“

Der indische Energiekonzern Adani will in Australien eines der größten Kohlebergwerke der Welt errichten und hält daran ungeachtet der seit langem anhaltenden Proteste fest.

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