Saar-Stahlindustrie mahnt Unterstützung an Kampf um die Stahl-Jobs geht weiter

Dillingen · In der saarländischen Stahlbranche wachsen die Existenzsorgen wegen der geplanten Reform des Emissionshandels.

In der Dillinger Hütte fürchten laut Betriebsrat viele um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze.

In der Dillinger Hütte fürchten laut Betriebsrat viele um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze.

Foto: Dillinger Hütte

Die saarländischen Stahlarbeiter haben vor ihren Werken protestiert, sind zu Kundgebungen nach Brüssel und Straßburg gefahren, Gewerkschafter haben Brandbriefe an die Kanzlerin und an Bundesminister geschrieben, Landespolitiker und Wirtschaftsverbände haben in Berlin und Brüssel Stellung bezogen. Seit mehr als einem Jahr folgt eine Aktion auf die nächste, doch gewonnen ist bisher noch nichts. Die Stahlunternehmen in der Region werden in die Zange genommen: Einerseits belastet die Konkurrenz durch Dumping-Stahl vor allem aus China, andererseits drohen enorme Kosten durch neue Richtlinien zum Emissionshandel in der EU. „Es muss mehr Druck gemacht werden“, sagte gestern Robert Hiry, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen, anlässlich eines Fachgesprächs zum Thema „Zukunft der Stahlindustrie ab 2021“ in Dillingen. „Jeder hat Angst, nach 2021 seinen Arbeitsplatz zu verlieren“, beschrieb Michael Fischer, der Betriebsratsvorsitzende der Dillinger Hütte, die Stimmung in der Belegschaft.

„Ich erwarte von der Kanzlerin, dass sie Druck ausübt auf die EU-Kommission“, sagte Hiry und fügte hinzu: „Kein Druck ist auch eine Meinung.“ Enttäuscht ist er, dass bisher vom Kanzleramt keine Reaktion auf einen Ende Mai versandten Brief kam. Justizminister Heiko Maas (SPD) hat allerdings inzwischen geantwortet. Er habe sich im Gespräch mit Bundesumweltministerin Barbara Hendricks  (SPD) „in den vergangenen Tagen erneut für eine hinreichende Ausstattung an kostenlosen Emissionszertifikaten an die energieintensiven lndustriebranchen ausgesprochen“, versicherte Maas in seiner Antwort.

Wie die IG Metall drängt auch Isolde Ries (SPD), Vizepräsidentin des Landtags und Berichterstatterin des EU-Ausschusses der Regionen, auf weitere Protestaktionen. Sie schlug vor, noch „vor der Bundestagswahl nach Berlin zu marschieren“. Denn in diesem Jahr würden die Entscheidungen fallen, wie es mit dem Emissionshandel weitergeht. Am kommenden Dienstag werden die Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Umweltministern der EU-Staaten fortgesetzt. Ein weiterer Termin sei voraussichtlich der 10. Juli, sagte Ries. Bei den Gesprächen soll es im Kern darum gehen, wie von 2021 bis 2030 der Handel mit Luftverschmutzungs-Zertifikaten gestaltet wird, der einen Anreiz in Unternehmen schaffen soll, klimaschädliche Gase so weit wie möglich zu reduzieren. In den Verhandlungspositionen berücksichtigt das EU-Parlament am stärksten die Interessen der Stahlindustrie, während die Pläne für harte Auflagen von EU-Kommission und Ministerrat kommen.

Fred Metzken, Vorstandssprecher der Dillinger Hütte und von Saarstahl, macht gestern keinen Hehl daraus, wie ernst die Lage für die saarländische Stahlindustrie ist. Was auf sie zuzukommen droht, „ist existenzbedrohend“, sagte er. Allein im Saarland hingen direkt und indirekt 22 000 Jobs von der Stahlindustrie ab. „Wir fordern faire Wettbewerbsbedingungen und die Abwendung bedrohlicher zusätzlicher Kostenbelastungen“, sagte Metzken. Diese könnten sich von 2021 bis 2030 auf mehr als eine Milliarde Euro summieren, wenn sich in Brüssel die Hardliner durchsetzen, befürchtet Armin Lauer von der SHS Infrastruktur GmbH. Isolde Ries warnt:: Es könne doch nicht darum gehen, „dass man den sauberen Stahl aus Deutschland und Europa durch Auflagen kaputtmacht, damit die Dreckschleudern aus China und Russland den Markt beliefern.“ Mit anderen Worten: Was manche in Brüssel als Klimaschutz-Regeln vertreten, laufe auf großen Schaden für das Klima hinaus – und vernichtet Zehntausende Jobs in Europa.

Die saarländische Stahlindustrie fordert eine ausreichende, am Bedarf orientierte Ausstattung mit kostenlosen Emissionszertifikaten. Und die sogenannten Kuppelgase, die in der Stahlproduktion anfallen und bei der Dillinger Hütte zur Energieerzeugung genutzt werden, dürften nicht mit Kosten belastet werden.

 Fred Metzken, Vorstandssprecher der Dillinger Hütte und von Saarstahl

Fred Metzken, Vorstandssprecher der Dillinger Hütte und von Saarstahl

Foto: SHS/Dillinger Hütte

Abgesehen davon werde saarländischer Stahl beispielsweise genutzt, um Windräder zu bauen oder Autokarosserien leichter zu machen.  „Die Produkte der saarländischen Stahlindustrie helfen, CO2 einzusparen und sind erforderlich zum Gelingen der Energiewende“, argumentiert Metzken für den Klimaschutz gegen die geplanten Klimaschutz-Auflagen

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