Kampf um Buslinien

Saarlouis · 180 Mitarbeiter des KVS-Verkehrsbetriebs im Kreis Saarlouis bangen um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Private Konkurrenz von Saar-Mobil macht dem kommunalen Platzhirsch das Geschäft streitig.

 Verliert die KVS GmbH einen Großteil ihrer Strecken? Foto: Bodwing

Verliert die KVS GmbH einen Großteil ihrer Strecken? Foto: Bodwing

Foto: Bodwing

Zum ersten Mal im Saarland bekommt ein kommunales Verkehrsunternehmen die volle Wucht der privaten Konkurrenz zu spüren. Saar-Mobil, das vor zwei Jahren gegründete Konsortium aus fünf Busunternehmen, will das Kerngeschäft der KVS GmbH, des kommunalen Verkehrsbetriebs im Kreis Saarlouis , übernehmen. Die 180 KVS-Mitarbeiter sorgen sich nun darum, wie es mit ihren Arbeitsplätzen weitergeht, sagt Betriebsratschef Wolfgang Robert. "Für keinen wird es eine Verbesserung geben, für viele aber eine Verschlechterung", befürchtet er.

Eigentlich wollte der Kreis Saarlouis direkt, also ohne Ausschreibung im Wettbewerb, an die KVS sein Haupt-Buslinienbündel von 3,6 Millionen im Jahr zu fahrenden Kilometer vergeben. Nach Bekanntgabe im Sommer blieb jedoch privaten Unternehmen drei Monate Zeit, dagegen ein sogenanntes eigenwirtschaftliches Angebot zu setzen. Eigenwirtschaftlich heißt: Das Unternehmen kommt - abgesehen von den obligatorischen Zuschüssen etwa für ermäßigte Schülertickets - ohne weitere finanzielle Unterstützung aus. Und solch einen Antrag hat Saar-Mobil gestellt. Offenbar hat man bei der KVS dieses Szenario geahnt und selbst auch einen eigenwirtschaftlichen Antrag eingebracht. Darüber zu entscheiden hat derzeit als Genehmigungs-Institution, die VGS Verkehrsmanagement-Gesellschaft Saar.

"Wir sind ein junges Unternehmen und wollen wachsen", begründet Saar-Mobil-Geschäftsführer Hans Gassert den Vorstoß. "Wir wollen besseren Verkehr darstellen", verspricht er. Und den besorgten KVS-Mitarbeitern sagt er die Übernahme zu. Falls Saar-Mobil den Zuschlag erhält, "brauchen wir alle", versichert er. Auch müsse niemand zum Mindestlohn fahren. Vielmehr werde "mindestens gezahlt, was in unserem Tarifvertrag festgeschrieben ist". Der Tarifvertrag im privaten Busgewerbe "unterscheidet sich nur marginal" von dem, was Verdi mit den kommunalen Arbeitgebern vereinbart habe, sagt Gassert. Die Gewerkschaft Verdi sieht das ganz anders und spricht von einer insgesamt um etwa 20 Prozent schlechteren Bezahlung im Privatsektor.

K VS-Chef Andreas Michel ärgert sich über diesen "Angriff" der Saar-Mobil, zumal die KVS "operativ schwarze Zahlen einfährt", wie er sagt. Dass ein kommunales Unternehmen, das Gewinne macht, Angst um seine Zukunft haben muss, will Michel nicht in den Kopf. Er ist aber zuversichtlich, mit dem eigenen eigenwirtschaftlichen Antrag Saar-Mobil auszustechen. Trotzdem muss er dann mit weniger Einnahmen rechnen - etwa 150 000 Euro pro Jahr. Das zahlen Michel zufolge bislang mehrere Gemeinden, um Sonderwünsche über das Normal-Angebot hinaus abzudecken. Zuschüsse, die bei Eigenwirtschaftlichkeit wegfielen. Um die Kosten entsprechend zu senken, schließt Michel aber Entlassungen au s.

Falls die KVS entgegen seinen Erwartungen jedoch den Kürzeren zieht, wäre die KVS keineswegs am Ende. Er könne etwa die Hälfte der Mitarbeiter weiter beschäftigen, schätzt er. "Auch für den Fall habe ich Ideen", um der KVS Aufträge und damit Jobs zu sichern, sagt Michel. Zumindest bleibt der KVS vorerst ein kleineres Linienbündel von rund 1,9 Millionen Kilometer im Jahr.

Alle warten jetzt darauf, dass im Genehmigungsverfahren die Phase der Anhörungen beginnt. Allen voran kann der Landkreis Saarlouis Stellung nehmen. Landrat Patrik Lauer (SPD ) hält sich bedeckt. Er will sich unserer Zeitung gegenüber zum Verfahren nicht äußern. Eine Entscheidung wird aber voraussichtlich dauern. Mit dem neuen Gesetz für den Öffentlichen Personennahverkehr, das Anfang 2017 in Kraft treten soll, ändern sich auch die Zuständigkeiten. Dann ist das Verkehrsministerium Herr des Genehmigungsverfahrens. "Ich gehe mal davon aus, dass wir bis Jahresende nicht entscheiden können", sagt VGS-Geschäftsführer Adalbert Ott. Der Betriebsrat und die Gewerkschaft Verdi planen derweil Protestaktionen - mit dem Ziel, dass die Jobs bei der KVS erhalten bleiben.

Meinung:

Für fairen Wettbewerb

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Gut muss das Busangebot sein und möglichst günstig. Wer fährt, ob eine kommunale oder eine private Firma, kann den Fahrgästen egal sein. Insofern ist es richtig, dass mehr Wettbewerb in einen Markt Einzug hält, in dem viele kommunale Betriebe auf Kosten der Steuerzahler Defizite einfahren. Die Direktvergabe der öffentlichen Hand ist vom Übel. Es sollte immer ausgeschrieben werden. Dabei hätte ein profitabler kommunaler Betrieb wie die KVS sicher gute Chancen. Doch darf der Wettbewerb nicht zu einem Spiel mit der Angst der Mitarbeiter werden. In der Branche sollte saarlandweit der gleiche Tarifvertrag gelten. Nur dann ist der Wettbewerb wirklich fair.

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