Jetzt ist Fiat Chrysler dran

Washington · Erst VW, nun Fiat Chrysler? Die US-Umweltbehörden haben den zweiten großen Autobauer wegen gefälschter Stickoxidwerte im Verdacht. Der Konzern sieht sich mit seiner Abgastechnik aber im gesetzlichen Rahmen.

 Die US-Zentrale von Fiat Chrysler. Dort sieht man sich massiven Vorwürfen gegenüber. Foto: Laverty/dpa

Die US-Zentrale von Fiat Chrysler. Dort sieht man sich massiven Vorwürfen gegenüber. Foto: Laverty/dpa

Foto: Laverty/dpa

Nach Volkswagen ist in den USA ein zweiter großer Autobauer wegen möglichen Abgasbetrugs ins Visier der Behörden geraten. Der italienisch-amerikanische Branchenriese Fiat Chrysler stehe im Verdacht, bei rund 100 000 Dieselwagen die Emissionswerte von Stickoxiden gefälscht zu haben, teilte das US-Umweltamt EPA gestern mit. Es geht um Software zur Abgaskontrolle, die Fiat Chrysler gegenüber den Regulierern nicht offengelegt und so gegen Umweltgesetze verstoßen habe.

Ob es sich bei den beanstandeten Programmen wie bei Volkswagen um illegale Abschalteinrichtungen ("defeat devices") handelt, müsse jedoch erst noch ermittelt werden. Betroffen seien etwa 104 000 SUV und Pick-up-Trucks der Typen Jeep Grand Cherokee und Dodge Ram 1500 der Modelljahre 2014 bis 2016 mit 3,0-Liter-Dieselmotoren. Der Hersteller müsse nun belegen, dass er keine verbotene Software einsetze. Der EPA zufolge könnte eine Strafe von bis zu 44 539 US-Dollar je Auto drohen. Insgesamt wären das rund 4,63 Milliarden Dollar (4,34 Milliarden Euro).

Fiat Chrysler geht indes davon aus, sich mit der Abgastechnik im legalen Rahmen zu bewegen. In einer Stellungnahme kündigte der Konzern an, nach dem Regierungswechsel in den USA am 20. Januar im Sinne einer raschen Lösung mit den Behörden kooperieren zu wollen. Die EPA wies darauf hin, dass Fiat Chrysler bereits gegen das US-Luftreinhaltegesetz "Clean Air Act" verstoßen habe, indem der Hersteller die zweifelhaften Programme bei der Zertifizierung der Autos verschwiegen habe. Allein dies könne schon Bußgelder und Strafen nach sich ziehen. Wie hoch die Abweichungen beim Ausstoß des Schadstoffs Stickoxid durch den Einsatz der nicht offengelegten Software zwischen Testmodus und Normalbetrieb auf der Straße ausfallen, werde noch untersucht. "Wir prüfen die Art und Auswirkungen dieser Einrichtungen weiter", kündigte Cynthia Giles von der kalifornischen Umweltbehörde Carb an.

Im September 2015 hatte die EPA Volkswagen erstmals öffentlich vorgeworfen, in großem Stil Abgaswerte bei Dieselwagen manipuliert zu haben. Dies stürzte VW in die tiefste Krise seiner Geschichte und führte zu enormen Kosten. Mittlerweile hat sich der Konzern mit Kunden, Autohändlern, Behörden und dem Justizministerium in den USA auf Strafen und Entschädigungen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar geeinigt.

Meinung:

Dem Diesel droht das Aus

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Nun also Fiat Chrysler . Die US-Umweltbehörden lassen nicht locker. Der Vorwurf wie bei VW : Fälschung der Emissionswerte von Stickoxiden mit Hilfe von Software . Die US-Grenzwerte für Stickoxide liegen unter den europäischen, und es ist offenbar nur schwer möglich, mit einem Dieselmotor diese Vorgaben einzuhalten. Vielleicht hat Fiat Chrysler Glück. Was die Software bewirkt, könnte gerade noch gesetzlich erlaubt sein. Und wenn nicht, ist die Dimension viel kleiner als bei VW , so dass geringere Strafen fällig würden. Allen Autobauern sollte inzwischen klar sein: Ohne einen echten technischen Fortschritt, der den Diesel deutlich sauberer macht, hat dieser Antrieb in den USA und wohl auch in Europa keine Chance mehr. Falls das Potenzial ausgereizt ist, naht das Ende des Diesel-Autos.

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