Interview Monika Grethel „Jeder sollte wissen, was mit den Daten passiert“

Die Datenschutzbeauftragte des Saarlandes erklärt, warum die neue Datenschutz-Grundverordnung längst überfällig war.

 Die saarländische Datenschutzbeauftragte Monika Grethel.

Die saarländische Datenschutzbeauftragte Monika Grethel.

Foto: LFDI

Frau Grethel, ab dem 25. Mai gilt ein neues Datenschutzrecht, das deutlich höhere Pflichten mit sich bringt. Wie hoch ist der Aufwand, der damit auf die Unternehmen und Vereine zukommt?

GRETHEL Wenn sich ein Unternehmen oder Verein schon vorher um Datenschutz gekümmert hat, dann ändert sich gar nicht so viel. Wenn aber bisher der Datenschutz nicht so ernst genommen wurde, dann ist jetzt schon ein erheblicher Aufwand nötig.

Was ist dabei der größte Brocken?

GRETHEL Auf jeden Fall die Informationspflicht. Sie müssen künftig sehr genau über Ihre Datenverarbeitung informieren. Und Sie müssen ein detailliertes Verzeichnis erstellen, welche Daten Sie verarbeiten, wie genau Sie sie verarbeiten, und wem Sie sie übermitteln. Wer das nicht im Vorfeld angelegt hat, hat nun zu tun.

Aber steht nicht in der Grundverordnung, dass die Pflicht, ein solches Verzeichnis zu führen, erst ab 250 Mitarbeitern gilt, die Daten verarbeiten?

GRETHEL Ja. Aber dann kommen noch die Ausnahmen. Und wenn Sie regelmäßig Daten erheben und verarbeiten, sind Sie verpflichtet, dies zu dokumentieren. Und damit sind eigentlich alle eingeschlossen.

Sind auch Privatleute betroffen?

GRETHEL Privatleute fallen nicht unter die Datenschutzgrundverordnung. Sie können also auf Ihrem Handy weiter Kontaktdaten speichern, ohne das zu dokumentieren. Aber die Grenze ist schnell überschritten. Ein Beispiel sind die Video-Hausüberwachungs-Kameras. Wenn die auch nur einen Teil des öffentlichen Weges abdecken, sind die erfassten Daten nicht mehr privat.

Viele Vereine und Kleinunternehmer sind von den Anforderungen der Datenschutzverordnung überfordert. Schießt die Datenschutzgrundverordnung da nicht über das Ziel hinaus?

GRETHEL Natürlich ist jetzt erst einmal ein gewisser Aufwand erforderlich. Aber grundsätzlich war ein europaweit einheitlicher Gesetzesrahmen überfällig. Sinnvoll ist eben auch, dass Unternehmen wie Google, Facebook oder Apple verpflichtet sind, sich an unser Datenschutzrecht zu halten. Das war auch ein Treiber. Aber auch der grenzüberschreitende Datenverkehr in der EU wird leichter, weil es jetzt keine unterschiedlichen Regeln mehr gibt. Als 1995 die letzte Datenschutzrichtlinie erstellt wurde, gab es diesen umfassenden Austausch über das Internet noch nicht.

Die Industrie- und Handelskammer des Saarlandes fürchtet, dass es viele Abmahnungen geben wird, wenn Unternehmen und Vereine nicht rechtzeitig eine neue, rechtssichere Datenschutzerklärung auf ihrer Internetseite haben.

GRETHEL Wir als Aufsichtsbehörde sind dafür nicht zuständig. Deshalb bin ich auch nicht im Bilde, ob das tatsächlich so kommt. Allerdings scheint es Anwälte und Abmahnvereine zu geben, die diese Abmahnungen in großem Umfang betreiben. Deshalb könnte die Angst real sein.

Der Datenschutz ist nun deutlich strenger. Es kommt aber manchmal zu Pannen, weil etwa ein Handy mit sensiblen Daten verloren geht. Was tun Sie als Aufsichtsbehörde dann?

GRETHEL Erst einmal muss der Betroffene dann nachweisen, dass er alles getan hat, um die Daten ausreichend zu schützen. Bei Handys ist ja beispielsweise auch eine Fernlöschung möglich. Wenn da alles in die Wege geleitet wurde und es beim Einzelfall bleibt, ist es damit wahrscheinlich auch erledigt. Kommt es aber mehrmals vor, werden wir sicher intensiver prüfen.

Mit welcher Konsequenz?

GRETHEL Möglicherweise untersagen wir bestimmte Datenverarbeitungsvorgänge, möglicherweise gibt es ein Bußgeld. Und das wird dann sicherlich höher sein als bisher.

Warum aber sind diese strengeren Regeln nötig, wo heutzutage die Menschen doch entspannt mit ihren Daten umgehen und sie überall ins Internet stellen?

GRETHEL Auch gerade deshalb. Es ist wichtig, dass jedem bewusst wird, was mit seinen Daten passiert. Man muss dafür umfassend aufklären. Dass Daten weitergegeben werden, dass sie mit anderen Daten verknüpft werden. Und dass damit eventuell eben auch Wahlen entschieden werden.

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