Wandel in der Arbeitswelt Wenn der Roboter den Job verdrängt

Berlin · Einer OECD-Studie zufolge ist fast jeder fünfte Arbeitsplatz in Deutschland bedroht. Nun will Arbeitsminister Hubertus Heil die Weiterbildung stärken.

 Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD)

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD)

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Fast jeder fünfte Arbeitsplatz in Deutschland könnte in den nächsten 15 bis 20 Jahren durch den rasanten technologischen Wandel verschwinden. Leidtragende wären dabei vor allem Geringqualifizierte. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) empfiehlt nun eine breite Bildungsoffensive – und rennt damit bei Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) offene Türen ein.

Nach einer OECD-Untersuchung hat Deutschland im internationalen Vergleich insgesamt eine solide Ausgangsposition, um die Zukunft der Arbeit zu meistern. Eine weitere gute Nachricht ist auch, dass die Organisation der 36 wichtigsten Industriestaaten einen nennenswerten Rückgang der Gesamtbeschäftigung im Zuge der Digitalisierung für unwahrscheinlich hält. „Unser Beschäftigungsausblick geht nicht davon aus, dass uns die Arbeit ausgehen wird“, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurria bei der Vorstellung der Expertise in Berlin. Allerdings müssten sich die Menschen für Veränderungen wappnen.

Der Studie zufolge gilt das für Deutschland in besonderem Maße. So droht hierzulande ein größerer Anteil von Jobs durch Computer oder Roboter wegrationalisiert zu werden als in den meisten anderen OECD-Staaten. Potenziell gefährdet sind demnach 18,4 Prozent der Arbeitsplätze. Der OECD-Schnitt liegt bei 14 Prozent. Das höhere Risiko führen die Autoren der Untersuchung auf die Bedeutung des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland zurück. Jobs mit Routineaufgaben und geringen Qualifikationsanforderungen seien „einem höheren Automatisierungsrisiko“ ausgesetzt als Arbeitsplätze für Hochqualifizierte. Obendrein müssten sich mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland auf einen grundlegenden Wandel ihrer Arbeit einstellen.

Als Konsequenz aus den Herausforderungen machen sich die OECD-Experten zum einen für eine Ausweitung des arbeitsrechtlichen Schutzes von atypisch Beschäftigten stark. Dabei gehe es vor allem um „Arbeitnehmer in der Grauzone zwischen Selbständigkeit und abhängiger Beschäftigung“. Zum anderen plädieren sie für eine breit angelegte Bildungsoffensive. Insbesondere für Niedrigqualifizierte. Gegenwärtig nehmen sie in allen OECD-Ländern weniger an Weiterbildungsmaßnahmen teil als Hochqualifizierte. In Deutschland ist diese Diskrepanz unter allen Industriestaaten jedoch am größten: Rund drei Viertel der Hochqualifizierten bilden sich weiter, aber nur ein Viertel der Geringqualifizierten.

Arbeitsminister Heil verwies auf das seit Jahresbeginn geltende „Qualifizierungschancengesetz“, mit dem Beschäftigte in vom Strukturwandel betroffenen Betrieben Zugang zur Weiterbildungsförderung erhalten. Zugleich räumte er ein, dass es damit noch nicht getan ist. Im Rahmen der Nationalen Weiterbildungsstrategie von Bund und Sozialpartnern werde er im Sommer weitere Vorschläge unterbreiten. Konkret stellte Heil Rechtsansprüche auf Weiterbildung sowie finanzielle Unterstützung im Falle eines weiterbildungsbedingten Verdienstausfalls in Aussicht. Zudem müssten in Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht mehr trage, verstärkt Umschulungen angeboten werden. „Der OECD-Beschäftigungsausblick zeigt, dass wir die Zukunft der Arbeit auch in Zeiten des Wandels selbst gestalten können.“

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