Italien will Banken stützen

Brüssel · Das Problem ist seit langem bekannt: Italiens Banken sitzen auf einem 360-Milliarden-Euro-Berg fauler Kredite. Nun will die Regierung helfen – entgegen den gerade erlassenen EU-Regeln.

 Die älteste Bank der Welt, Monte dei Paschi in Siena, leidet unter vielen faule Krediten. Foto: dpa

Die älteste Bank der Welt, Monte dei Paschi in Siena, leidet unter vielen faule Krediten. Foto: dpa

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Die spannendste Frage stand gar nicht auf der offiziellen Tagesordnung, als sich gestern die Finanzminister der Euro-Gruppe trafen: Braut sich in Italien eine Bankenkrise zusammen? Seit Monaten ist klar, dass einige italienische Institute Probleme haben. Inoffiziell war es das wichtigste Thema des Treffens: Weil in Italien die Arbeitslosigkeit hoch ist und die Wirtschaft nicht in Schwung kommt, werden dort Kredite in beängstigendem Umfang nicht bedient. Darlehen in Höhe von 200 Milliarden Euro gelten als faul, Verträge über weitere 160 Milliarden gelten als wackelig. Damit ist etwa ein Fünftel des Geldes, das Banken des Landes ausgeliehen haben, in Gefahr. Ein Name taucht in der Liste der Krisenbanken immer wieder auf, Monte dei Paschi - das älteste und drittgrößte Bankhaus Italiens. Es hat zweifelhafte Forderungen von 47 Milliarden Euro in den Büchern.

Eigentlich waren sich die EU-Länder ja einig, welche Lehre nach der Lehman-Pleite zu ziehen war: Nie mehr sollten Steuerzahler dafür zahlen, wenn EU-weit eine Bank in die Knie zu gehen drohte. 2014 hat die EU neue Regeln für die Abwicklung maroder, aber für die Stabilität der Finanzmärkte bedeutender Institute aufgestellt. Danach haften die Eigentümer, Anleihebesitzer sowie Sparer mit Einlagen über 100 000 Euro. Darüber hinaus soll ein Fonds zur Verfügung stehen, der bis 2023 55 Milliarden Euro Puffer bei den Banken einsammeln soll. Dieser Fonds unter der Kontrolle der früheren Bafin-Chefin Elke König verfügt über rund zehn Milliarden Euro .

Schon seit Monaten schwelt die italienische Bankenkrise. Nach dem "Ja" der Briten für einen EU-Austritt sind die Befürchtungen noch einmal größer geworden. Zumal Banken-Papiere massive Kursverluste hinnehmen mussten. Die italienische Regierung ist seit längerem mit der EU-Kommission im Gespräch, ob es doch einen Weg geben kann, dass der italienische Staat die Wackelbanken stützt. Eigentlich ist das gegen die Regeln. Doch eine Sonderregel würde es dem italienischen Staat erlauben, seine Banken mit Steuergeld zu stützen. Sie sieht vor, dass der Staat doch eingreifen kann, wenn dies "zur Abwendung einer schweren Störung der Volkswirtschaft eines Mitgliedstaats und zur Wahrung der Finanzstabilität" angezeigt ist - vorausgesetzt, die EU-Kommission stimmt zu.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) zeigte sich offen für eine Lösung. "Wir wissen alle, dass das Regelwerk für alle Fälle Lösungen bereit hält", deutete er an. Der Chef der Euro-Gruppe , Jeroen Dijsselbloem , äußerte sich ähnlich.

Denkbar wäre, dass der italienische Staat die Krisenbank Monte dei Paschi teilverstaatlicht, wie es etwa die Bundesregierung auf dem Höhepunkt der Bankenkrise bei der Commerzbank getan hat.

Meinung:

Nicht sofort umfallen

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Dass Italiens Banken ein Problem haben, ist unstrittig. Die Frage ist, wie die EU nun darauf reagiert. Schäuble und Dijsselbloem reden bereits von möglichen Lösungsansätzen. Ausnahmen sollten aber nicht sofort wieder zur Regel werden, sonst werden die gerade erst eingeführten Mechanismen zur Abwicklung maroder Banken schon Makulatur, bevor sie überhaupt zur Anwendung kamen. Sicher, aktuell gibt es eine Sondersituation, weil die Banken vor allem durch die Brexit-Turbulenzen ins Straucheln geraten sind. Schwach waren sie aber schon davor - und Italien kommt nicht umhin, auch bei den Banken seine Hausaufgaben zu erledigen. Wenn die EU ihr Image nicht gefährden will, braucht sie für mögliche Sonderlösungen eine sehr gute Begründung.

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