Weniger Firmenpleiten Insolvenzen treffen mehr Arbeitnehmer

Düsseldorf · Auch wenn die Zahl der Firmeninsolvenzen zurückgeht, ist der Schaden weiter hoch. Insgesamt 15,5 Milliarden Euro allein in diesem Jahr.

 Die Zentrale der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Düsseldorf.

Die Zentrale der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Düsseldorf.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

(dpa) Trotz weiter gesunkener Insolvenzzahlen mussten im ersten Halbjahr deutlich mehr Mitarbeiter wegen der Pleite ihres Arbeitgebers um ihren Job fürchten. Mit rund 120 000 Beschäftigten ist die Zahl der Insolvenz-Betroffenen in den Belegschaften nach Berechnungen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform um 18,8 Prozent oder rund 19 000 Arbeitnehmer kräftig gestiegen. Während die Zahl der Unternehmensinsolvenzen insgesamt seit Jahresbeginn um 3,3 Prozent auf 9900 zurückgegangen ist, seien nun zunehmend Mittelständler und größere Unternehmen mit mehr Beschäftigten von der Pleite betroffen gewesen, berichtete Creditreform gestern in Düsseldorf. Die Zahl der von einer Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer war zuletzt im Jahr 2012 angestiegen.

Mit einem Anteil von knapp 57 Prozent stellten zwar kleine Einzelunternehmer immer noch die Mehrheit der Insolvenzfälle. Während die Pleiten von Kleinstunternehmen um 10,2 Prozent weiter zurückgingen, erhöhten sich die Insolvenzzahlen bei mittelständischen Unternehmen mit Jahresumsätzen zwischen fünf und 25 Millionen Euro dagegen um 10,8 Prozent. Bei den größeren Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro stieg die Zahl der Pleiten sogar um 66,7 Prozent an. Durch die zunehmenden Pleiten größerer und älterer Unternehmen mussten die Gläubiger auf immer mehr Forderungen verzichten. So stieg der durch eine Insolvenz im ersten Halbjahr durchschnittlich angerichtete Schaden um knapp 300 000 Euro auf rund 1,6 Millionen Euro weiter an. Insgesamt bezifferte Creditreform den in diesem Jahr durch Unternehmensinsolvenzen angerichteten Schaden auf mindestens rund 15,5 Milliarden Euro.

Creditreform-Sprecher Michael Bretz machte etwa Defizite bei der Digitalisierung bei älteren und etablierten Unternehmen für die Zunahme verantwortlich. „Da können Unternehmen die aktuelle Entwicklung nicht mitmachen“, sagte er. Peter Kranzusch vom Institut für Mittelstandsforschung wies dagegen auf ein besonders niedriges Insolvenzrisiko gerade familiengeführter Mittelständler hin. Mangelnde Ressourcen etwa beim Controlling könnten das Krisenrisiko jedoch auch erhöhen.

Mit einer Quote von 71 Insolvenzen je 10 000 Unternehmen zählt der Handel neben dem Baugewerbe zu den negativen Spitzenreitern in der Insolvenzstatistik. Während die Pleiten am Bau deutlich zurückgingen, war beim Handel nahezu keine Verbesserung zu beobachten. Mit einem Anteil von 21,8 Prozent an den Gesamtinsolvenzen ging mehr als jede fünfte Unternehmenspleite auf das Konto eines Händlers. Offenbar habe der durch den wachsenden Onlinehandel ausgelöste harte Wettbewerbsdruck im Handel zu einem Ausleseprozess geführt, stellte Creditreform fest.

Auch im laufenden Jahr 2018 rechnet der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) mit einem weiteren stürmischen Wachstum des Onlinehandels im zweistelligen Bereich, während die Branche insgesamt nur noch ein leichtes Umsatzplus von etwa zwei Prozent erwartet. Für den Zeitraum 2015 bis 2020 hat der Verband bereits das Verschwinden von rund 50 000 Läden in Deutschland vor dem Hintergrund der zunehmenden Online-Konkurrenz vorhergesagt. Auch stationäre Händler könnten vom Boom des Onlinehandels profitieren, sagte HDE-Sprecher Stefan Hertel. Dabei erfordere der Aufbau eines eigenen Onlineshops jedoch auch erhebliche finanzielle Mittel.

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